
Das Abo-Ticket ermöglicht Fahrten im gesamten deutschen Nah- und Regionalverkehr. Es wurde zuletzt von mehr als 14 Millionen Menschen genutzt. Bund und Länder stellen für das Bus- und Bahnticket jeweils 1,5 Milliarden Euro pro Jahr zur Verfügung.
Mit dem Ticket will die Politik die Attraktivität des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) erhöhen und einen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Seit Januar 2025 kostet es 58 Euro (vorher 49 Euro).
Union und SPD haben in ihren Koalitionsvertrag Anfang April 2025 ein für viele überraschendes Bekenntnis zum Deutschlandticket geschrieben.
Im Koalitionsvertrag bekennen sich CDU/CSU und SPD zum Deutschlandticket: Es soll erhalten und sogar bis zum Jahr 2029 im Preis stabil bleiben.
Der Anteil der Nutzerfinanzierung soll ab 2029 „schrittweise und sozialverträglich erhöht“ werden. Um Planungssicherheit für die Kunden, aber auch für Bund und Länder bei der Finanzierung zu gewährleisten, werden die Kosten für das Ticket nach einem festen Schlüssel aufgeteilt, heißt es im gemeinsamen Papier von Union und SPD.
Dieses Bekenntnis auch zum stabilen Preis bis 2029 überrasche positiv, sagt Alexander Möller vom Branchenverband VDV. Es sei aber beispielsweise noch nicht klar, was passiere, wenn mehr Geld für das Erbringen der Leistungen benötigt werde: ob dieses Geld dann von der öffentlichen Hand komme.
Bislang sind die Bundesmittel noch für 2025 festgeschrieben. Der Bund gibt pro Jahr einen Zuschuss von 1,5 Milliarden Euro, um Einnahmeausfälle bei den Verkehrsbetrieben auszugleichen, von den Ländern kommt noch mal die gleiche Summe.
Mit dem Bekenntnis, das Ticket mindestens bis 2029 zu erhalten, kommen die Koalitionäre Forderungen beispielsweise von den Grünen, Verbraucherschützern oder der Umweltorganisation Greenpeace entgegen, die unter anderem eine langfristige Sicherung für das Deutschlandticket gefordert hatten.
Laut einer Studie hat die Einführung des Deutschlandtickets dazu geführt, dass Menschen vom Auto auf Bus und Bahn umgestiegen sind. 12 bis 16 Prozent der Fahrten mit dem Deutschlandticket wurden nach der vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) koordinierten Studie vorher mit dem Pkw zurückgelegt. Demnach nutzen viele Menschen das Ticket, die zuvor nur selten mit dem Nahverkehr unterwegs waren. Sie machen knapp die Hälfte der Menschen mit Deutschland-Ticket aus.
Eine weitere Folge der Deutschlandticket-Einführung ist der Studie zufolge eine geringere Umweltbelastung und die Vermeidung von Klimaschäden, dadurch dass pro Jahr 4,2 bis 6,5 Millionen Tonnen CO2 eingespart werden.
Vom Auto auf Öffis umgestiegen
Außerdem würden durch das Deutschlandticket Kosten vermieden, die durch den Autoverkehr entstehen. Etwa durch Maßnahmen gegen Lärm- oder Schadstoffbelästigung. „Der Nutzen durch vermiedene externe Kosten ist deutlich höher“ als die Kosten, die durch das Deutschlandticket entstehen, so Forscher Nicolas Koch.
Daher sei das Deutschlandticket ein „wichtiger Impuls“ für die Verkehrswende. Eine weitere Erhöhung des Ticketpreises könnte jedoch dazu führen, dass viele wieder aufs Auto umsteigen.
Politiker werten Ticket als Erfolg
Auch in der Politik wird das Deutschlandticket durchaus positiv bewertet. Nach Ansicht des nordrhein-westfälischen Verkehrsministers Oliver Krischer (Grüne), entlastet das Deutschlandticket Pendler und leistet einen wichtigen Beitrag zur Mobilitätswende, zur sozialen Teilhabe und zum Klimaschutz.
So sieht es auch der bisherige Bundesverkehrsminister Volker Wissing (parteilos, bis November 2024 FDP) – er hatte schon im November 2023 das Ticket als großen Erfolg bewertet. Ein Aus des Deutschlandtickets wäre „fatal“, sagte Wissing im Februar dem Sender Phoenix. „Wir haben mit dem Deutschlandticket den ÖPNV modernisiert, wir haben die Digitalisierung des ÖPNV vorangetrieben und vor allen Dingen haben wir die arbeitende Mitte entlastet.“
Mobilitätsforscher wie Andreas Knie vom Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB) sehen den Preis als größtes Problem des Deutschlandtickets – auch die 49 Euro, die bis Ende 2024 galten. Das sei zu teuer, „um Verlagerungseffekte messen zu können“, sagt der Forscher. Auch Autofahrer seien mit dem 49-Euro-Ticket „nicht wirklich zu begeistern“.
Praktisch habe die Bahn mit dem Ticket keine neuen Kunden gewonnen, kritisiert Knie. Es werde vor allem von Menschen nachgefragt, die vorher teurere Abos gehabt hätten oder Gelegenheitskunden gewesen seien.
Zudem erreiche man mit der Subvention des Deutschlandtickets nicht die Menschen, die bedürftig seien, kritisiert Verkehrsökonom Christian Böttger von der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Berlin. „Die großen Profiteure sind die Leute, die aus der Mittelschicht kommen, die in den Vororten wohnen, im Speckgürtel, und die teilweise sehr teure Monatskarten brauchen, um in die Stadt zu pendeln. Dann zahlt man normalerweise 200 Euro im Monat für seine Monatskarte.“ Diese Menschen bekämen mit dem Deutschlandticket Geld geschenkt.
Verkehrsökonom Böttger schlägt vor, deutlich mehr Geld in den Ausbau der Verkehrsinfrastruktur für Bus und Bahn zu stecken, anstatt das Deutschlandticket zu subventionieren. Dazu gehöre etwa ein neues Ticketing-System, mit dem man unkompliziert „bundesweit fahren kann, ohne in jeder Stadt neu überlegen zu müssen, wo man sein Ticket kaufen kann“.
Mobilitätsforscher Knie setzt am Preis des Tickets an. Dieser sollte bei 29 Euro liegen, forderte er im November 2023. So könne man jene Menschen als Bahnkunden gewinnen, die vorher keine gewesen seien. Tickets in dieser ungefähren Preislage gibt es bereits vereinzelt – in Hessen etwa den Hessen-Pass-Mobil für Menschen, die Sozialleistungen beziehen. Das Saarland hat ein Junge-Leute-Ticket.
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