Nach der Messerattacke am Hamburger Hauptbahnhof hat die Polizei bekannt gegeben, dass die mutmaßliche Täterin in eine Psychiatrie eingewiesen wird. Die vier lebensgefährlich verletzten Opfer befinden sich mittlerweile in einem stabilen Zustand.
Bei der mutmaßlichen Täterin handelt es sich laut Polizei um eine 39 Jahre alte Frau mit deutscher Staatsangehörigkeit ohne festen Wohnsitz. Die Polizei teilte am späten Samstagnachmittag mit, dass ein Haftrichter die Unterbringung der Verdächtigen in einer Klinik angeordnet hat. Der Unterbringungsbefehl laute auf versuchten Totschlag in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung in 15 Fällen. 15 Menschen waren laut Polizei unmittelbar durch das Messer verletzt worden, drei weitere erlitten andere Verletzungen „beispielsweise durch einen Sturz oder Schock“.
Frau am Vortag aus geschlossener Einrichtung entlassen
Nach NDR Informationen war die Frau erst einen Tag vor dem Messerangriff am Hauptbahnhof aus einer geschlossenen Einrichtung in Niedersachsen entlassen worden. Sie soll aus Braunschweig stammen. Laut „Bild“-Zeitung hatte die Frau bereits im Februar ein kleines Mädchen auf dem Hamburger Flughafen angegriffen, weitere Vorfälle soll es danach während ihrer Unterbringung im psychiatrischen Krankenhaus Ochsenzoll in Langenhorn gegeben haben.
Passanten konnten Angriff stoppen
Die Frau war am Freitagabend festgenommen worden, nachdem sie am Bahnsteig wahllos um sich gestochen haben soll. Beim Eintreffen der Polizei hatte sie sich widerstandslos festnehmen lassen. Zwei Passanten konnten nach Polizei-Angaben durch ihr schnelles Eingreifen den Angriff der Frau stoppen. Laut Hamburg Journal handelt es sich bei den Passanten um einen Mann aus Tschetschenien und einen jungen Syrer. Zudem sei eine Streife sehr schnell vor Ort gewesen. Ein politisches Motiv wird bislang ausgeschlossen.
18 Verletzte im Alter von 19 bis 85 Jahren
Nach Angaben der Polizei vom Sonnabend gab es insgesamt 18 Verletzte, davon vier lebensgefährlich Verletzte. Sie seien inzwischen alle in einem stabilisierten Zustand. Sieben weitere Personen wurden schwer verletzt, sieben leicht. Die Verletzten sind im Alter von 19 bis 85 Jahren. Bei drei von ihnen ist bislang bekannt, dass sie aus Niedersachsen stammen, vier weitere sollen aus Bremen kommen.
Kurz nach 18 Uhr rückte am Freitagabend ein Großaufgebot der Feuerwehr zum Hamburger Hauptbahnhof aus.
Nach Auskunft von Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher konnten die ersten Verletzten bereits aus den Kliniken entlassen werden. „Das ist eine große Erleichterung“, schrieb der SPD-Politiker auf der Plattform X.
Tat ereignete sich vor wartendem ICE
Die Tat ereignete sich auf einem Bahnsteig zwischen Gleis 13 und 14 außerhalb der Bahnhofshalle vor einem wartenden ICE. Dort soll eine Frau wahllos auf Reisende eingestochen haben. NDR Reporter haben auch Videoaufnahmen der Tat gesichtet. Demnach standen die Menschen zur Tatzeit dicht gedrängt auf dem Bahnsteig. Inmitten der Menschenmenge war zu sehen, wie die Tatverdächtige einen Gegenstand, wahrscheinlich das Messer zückte und damit wild um sich stach. Dabei lief sie entlang der Bahnsteigkante und versuchte weitere Menschen zu erwischen.
Über 400 Polizeikräfte im Einsatz
Insgesamt war die Polizei Hamburg mit 350 und die Bundespolizei mit rund 60 Beamtinnen und Beamten im Einsatz. Feuerwehr und Rettungsdienst waren mit 50 Kräften vor Ort, um die Verletzen zu betreuen.
Bahnverkehr in der Nacht wieder freigegeben
Nach der Messerattacke wurden in der Nacht zu Sonnabend alle Gleise für den Zugverkehr wieder freigegeben. Am Sonnabendmorgen fuhren die Züge wieder nach Plan. Das bestätigte eine Sprecherin der Deutschen Bahn.
Am Freitagabend war der Außenbereich zwischen Hühnerposten und Steintor weiträumig abgesperrt worden. Die betroffenen Gleise 13 und 14 waren ebenfalls dicht, laut Deutscher Bahn kam es zu Verspätungen und Umleitungen im Fernverkehr.
Polizei und Spurensicherung sind in der Nacht im Einsatz nahe des Tatorts im Hamburger Hauptbahnhof.
Tschentscher dankt Polizei und Rettungskräften
Am Freitag zeigte Bürgermeister Tschentscher sich schockiert über den Messerangriff im Hauptbahnhof. Die Tat sei erschütternd, schrieb er auf X. „Vielen Dank an Polizei und Rettungskräfte für das schnelle Eingreifen.“ Hamburgs Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank (Grüne) schrieb bei X: „Meine Gedanken und mein Mitgefühl sind bei den Opfern dieser sinnlosen Gewalt und ihren Angehörigen.“
Der Hamburger AfD-Fraktionschef Dirk Nockemann sagte, wer glaube, Messerverbotszonen würden Messerattentäter abschrecken, sei „gefährlich, dumm und naiv“.
Gewerkschaft der Polizei fordert Konsequenzen
Andreas Roßkopf, Vorsitzender der Gewerkschaft der Polizei für die Bundespolizei, forderte bessere Kontrollmöglichkeiten für die Bundespolizei auf Bahnhöfen und den verstärkten Einsatz von künstlicher Intelligenz bei der Kameratechnik, die auch Verhaltenserkennung beinhalte, damit man Verhaltensauffälligkeiten frühzeitig erkennen könne.
Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) telefonierte am Freitagabend mit Tschentscher und bot ihm die Unterstützung der Bundesregierung an.
Opferbeauftragter bietet Hilfe an
Der Hamburgische Opferbeauftragte Arne Dornquast bot Betroffenen seine Hilfe an. Das Angebot richte sich nicht nur an Menschen, die eine körperliche Verletzung erfahren haben, sondern auch an Personen mit seelischem Hilfebedarf. Der Beauftragte hat die Aufgabe, den Opfern von Terroranschlägen und Katastrophen und deren Angehörigen unterstützend zur Seite zu stehen. Kontaktaufnahmen sind über die Telefonnummer 0800 000 7558 oder per E-Mail über [email protected] möglich.
Die Landesbischöfin und Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Kirsten Fehrs, erklärte, die Kirche stehe an der Seite derjenigen, die in den kommenden Tagen Unterstützung bräuchten.
Polizei sammelt Hinweise zur Tat
Die Polizei schaltete ein Hinweisportal frei, in dem Zeuginnen und Zeugen Informationen, Fotos und Videos im Zusammenhang mit der Tat zur Verfügung stellen können.
Im Hamburger Hauptbahnhof und im öffentlichen Personennahverkehr der Hansestadt ist das Mitführen von Waffen, auch Messern, verboten. Der Hauptbahnhof wird täglich von mehr als 500.000 Menschen frequentiert.
Dieses Thema im Programm:
NDR 90,3 | NDR 90,3 Aktuell | 24.05.2025 | 13:00 Uhr