Vergangene Woche hat die Regierung von Viktor Orbán einen Gesetzesentwurf ins Parlament eingebracht, der die Regeln für NGOs und unabhängige Medien verschärfen würde. Nun hat die EU-Kommission reagiert – und spricht von „einem schwerwiegenden Verstoß gegen Prinzipien und Recht“ der Union.
Die EU-Kommission hat Ungarn vor der Verabschiedung eines Gesetzes zur Verschärfung von Regeln für Nichtregierungsorganisationen gewarnt. Sollte die Regierung von Ministerpräsident Viktor Orbán die Regelung umsetzen, wäre dies „ein schwerwiegender Verstoß gegen Prinzipien und Recht der EU“, erklärte die Kommission am Samstag. Brüssel werde „nicht zögern, die notwendigen Schritte einzuleiten, wenn dieser Gesetzesentwurf verabschiedet wird“, hieß es weiter.
Orbáns Regierung hatte den entsprechenden Gesetzesentwurf in der vergangenen Woche ins Parlament eingebracht. Sie will mit der Regelung erklärtermaßen für mehr „Transparenz im öffentlichen Leben“ sorgen. Der Text sieht unter anderem vor, dass Organisationen eine Genehmigung der Anti-Geldwäsche-Behörde einholen müssen, um Gelder aus dem Ausland erhalten zu können. Auch ihre Bankkonten werden regelmäßig überprüft. Neben Nichtregierungsorganisationen wären unter anderem auch unabhängige Medien betroffen.
Organisationen, die ausländische Gelder „zur Beeinflussung des öffentlichen Lebens“ nutzen und damit „die Souveränität Ungarns bedrohen“, sollen mit dem Gesetz auf eine schwarze Liste gesetzt werden. Welche Organisationen es trifft, entscheidet die im vergangenen Jahr eingerichtete und mit umfangreichen Befugnissen ausgestattete Behörde für Souveränitätsschutz, die bereits Ermittlungen gegen zahlreiche Organisationen wie Transparency International oder das Investigativ-Portal Atlatszo eingeleitet hat. Laut dem Gesetzentwurf gilt jede Organisation als Bedrohung, die in der ungarischen Verfassung festgeschriebene Werte wie die Ehe zwischen Mann und Frau „verletzt, negativ wiedergibt oder Maßnahmen dagegen fördert“.
Zehntausende protestierten in Budapest
Oppositionspolitiker kritisierten eine „Putinisierung“ Ungarns – in Anspielung auf in Russland geltende Gesetze gegen kremlkritische Organisationen. Kritiker werfen dem mit Russlands Präsident Wladimir Putin befreundeten Orbán vor, seit seiner Machtübernahme im Jahr 2010 gegen Nichtregierungsorganisationen vorzugehen, Bürgerrechte massiv einzuschränken und zahlreiche Änderungen vorgenommen zu haben, welche seine Macht festigen.
Am vergangenen Sonntag protestierten zehntausende Menschen in Budapest gegen das geplante Gesetz, dessen Verabschiedung angesichts der Regierungsmehrheit im Parlament als so gut wie sicher gilt.
Am Mittwoch forderte eine Gruppe von 26 Abgeordneten des EU-Parlaments die EU-Kommission dazu auf, die Überweisung jeglicher EU-Gelder an Ungarn auszusetzen, damit die Orbán-Regierung ihre Verstöße gegen das EU-Recht einstelle.
AFP/jr