Zwei Mitarbeiter der israelischen Botschaft in Washington sind nach Angaben von US-Heimatschutzministerin Kristi Noem getötet worden. Die beiden seien am Mittwochabend (Ortszeit) in der Nähe eines jüdischen Museums erschossen worden, schrieb Noem in einem Beitrag auf X. Das Capital Jewish Museum befindet sich nur wenige Schritte von der FBI-Außenstelle in der Hauptstadt entfernt. Der Verdächtige habe bei seiner Festnahme „free, free Palestine“ gerufen, sagte die Polizei am Mittwochabend.
Eines der Opfer ist nach Angaben der Deutsch-Israelischen Gesellschaft (DIG) teilweise in Deutschland aufgewachsen. Der „in Teilen in Bayern“ aufgewachsene Yaron Lischinsky habe „fließend Deutsch“ gesprochen und sich „mit großer Selbstverständlichkeit zwischen den Kulturen“ bewegt, erklärte DIG-Präsident Volker Beck am Donnerstag. Er wurde laut dem israelischen Botschafter in Deutschland, Ron Prosor, in Nürnberg geboren. Nach Angaben des israelischen Generalkonsulats in München wuchs der Mann auch in der Stadt in Franken auf, bevor er nach Israel auswanderte. Er hatte demnach sowohl die deutsche als auch die israelische Staatsbürgerschaft.
Prosor schrieb auf X, der Mitarbeiter sei „nicht nur ein Kollege“ gewesen. Er habe ihn auch als seinen Master-Studenten an der Reichman University in Israel kennengelernt: „Aufgeweckt, neugierig, engagiert.“
Junges Paar stand kurz vor Verlobung
Der DIG zufolge war Lischinsky Gründungsmitglied des Jugendforums der Israelisch-Deutschen Gesellschaft. 2022 habe er eine Stelle an der israelischen Botschaft in Washington übernommen. Die beiden getöteten Botschaftsmitarbeiter waren nach Angaben des israelischen Botschafters in den USA ein Paar. Bei der getöteten Botschaftsmitarbeiterin habe es sich laut dem israelische Außenminister Gideon Saar um Sarah Milgrim gehandelt, eine US-Amerikanerin.
Der israelische Botschafter in den USA, Yechiel Leiter, sagte, bei den beiden Getöteten handle es sich um ein junges Paar, das kurz vor der Verlobung gestanden habe. Lischinsky habe in dieser Woche einen Ring gekauft und seiner Partnerin Milgrim in Jerusalem einen Antrag machen wollen.
Die beiden Opfer verließen gerade eine Veranstaltung im Capital Jewish Museum, als der 30-jährige Verdächtige sich näherte und das Feuer eröffnete, sagte die Polizeipräsidentin Pamela Smith. Der mutmaßliche Täter sei beobachtet worden, wie er vor dem Schusswaffenangriff vor dem Museum umherlief und dieses auch nach den Schüssen betreten wollte. Dort sei er vom Sicherheitspersonal des Museums festgehalten worden. Smith sagte, dass die Strafverfolgungsbehörden nicht davon ausgingen, dass noch eine Bedrohung für die Öffentlichkeit besteht.
Mutmaßlicher Täter nach Schüssen in Washington festgenommen
„Diese schrecklichen Morde in D.C., die offensichtlich auf Antisemitismus beruhen, müssen aufhören, jetzt„, schrieb US-Präsident Donald Trump am Donnerstagmorgen in den sozialen Medien. „Hass und Radikalisierung haben keinen Platz in den USA. Mein Beileid an die Familien der Opfer. Es ist so traurig, dass so etwas passieren kann“, schrieb Trump weiter.
Yoni Kalin und Katie Kalisher befanden sich im Museum, als sie Schüsse hörten und ein Mann hereinkam, der verzweifelt ausgesehen habe. Kalin sagte der AP, die Leute seien ihm zu Hilfe gekommen und hätten ihm Wasser gebracht, weil sie dachten, er brauche Hilfe – ohne zu wissen, dass es sich bei dem Mann um den Verdächtigen handelte. Als die Polizei eintraf, habe er eine Kufiya gezückt, auch als Palästinensertuch bekannt. Er habe wiederholt „free Palestine„ gerufen.
Verbindung zu Schütze unklar
Ob der mutmaßliche Schütze die beiden Opfer kannte oder in welcher Verbindung er zu ihnen stehen könnte, ist unklar. Laut Polizei näherte sich der Täter einer Gruppe von vier Personen und schoss dann auf die beiden. Nach den Schüssen betrat er demnach das Museum, wo er von privaten Sicherheitskräften festgenommen worden sei.
Die Nachrichtenseite „Jewish Insider“ zitierte einen Augenzeugen, wonach der Schütze ein Tuch mit der Bezeichnung Kufiya getragen habe, das auch als Palästinensertuch bekannt ist. Die israelische Nachrichtenseite „ynet“ zitierte die Sprecherin der israelischen Botschaft in Washington mit der Aussage, dass die Botschaftsmitarbeiter „aus nächster Nähe erschossen wurden“.
Israel will Schutz seiner Botschaften verstärken
Israel will seine Vertretungen weltweit nach der Tat stärker sichern. Das ordnete Ministerpräsident Benjamin Netanjahu nach Angaben seines Büros an. Der Regierungschef sei „erschüttert über den grausamen antisemitischen Mord“ in der US-Hauptstadt. „Wir erleben den schrecklichen Preis, den Antisemitismus und grassierende Hetze gegen den Staat Israel fordern“, sagte Netanjahu demnach. Sein Herz schmerze für die Familien der jungen Opfer.
Die Tat von Washington erfolgte vor dem Hintergrund des Krieges zwischen Israel und der islamistischen Hamas im Gazastreifen. Dieser hatte im Oktober 2023 mit einem Terrorangriff der Hamas auf Israel begonnen. Etwa 1.200 Menschen wurden dabei getötet und etwa 250 Menschen nach Gaza entführt.
In dem Krieg wurden nach Angaben der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde bislang mehr als 53.300 Palästinenser im Gazastreifen getötet. Die Zahl unterscheidet nicht zwischen Kämpfern und Zivilisten und lässt sich unabhängig kaum überprüfen. Israel steht wegen des militärischen Vorgehens und der furchtbaren humanitären Lage in dem weitgehend verwüsteten Küstenstreifen international stark in der Kritik.
Details zum Vorfall und Reaktionen von Augenzeugen und Behörden
„Bei dieser Veranstaltung ging es um humanitäre Hilfe“, sagte Kalin. „Wie können wir sowohl den Menschen in Gaza als auch den Menschen in Israel wirklich helfen?“ – darum sei es gegangen. „Und dann ermordet er hier kaltblütig zwei Menschen“, sagte die Augenzeugin.
Der israelische Staatspräsident Isaac Herzog sagte, er sei „am Boden zerstört“ über die Szenen in Washington. „Dies ist ein verabscheuungswürdiger Akt des Hasses, des Antisemitismus, der das Leben zweier junger Mitarbeiter der israelischen Botschaft gefordert hat. Unsere Herzen sind bei den Angehörigen der Ermordeten.“ Man stehe an der Seite der jüdischen Gemeinde in Washington und in den gesamten USA, sagte Herzog weiter. „Terror und Hass werden uns nicht brechen.“
Internationale und politische Reaktionen auf den Vorfall
US-Justizministerin Pam Bondi sagte, sie sei zusammen mit der ehemaligen Richterin und TV-Persönlichkeit Jeanine Pirro ebenfalls am Tatort gewesen. Danny Danon, Israels Botschafter bei den Vereinten Nationen, nannte die Schüsse einen „abscheulichen Akt des antisemitischen Terrorismus“. „Wir sind zuversichtlich, dass die US-Behörden strenge Maßnahmen gegen die Verantwortlichen für diese kriminelle Tat ergreifen werden“, schrieb Danon in einem Beitrag auf X.
Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) schrieb auf X: „Ich bin bestürzt über die Nachricht vom Mord an zwei Mitarbeitern der israelischen Botschaft in Washington.“ Derzeit müsse man von einem antisemitischen Motiv ausgehen. „Diese abscheuliche Tat verurteile ich auf das Schärfste.“ Bundesaußenminister Johann Wadephul (CDU) sprach von einem „heimtückischen Mord“ und betonte: „Antisemitische Gewalt ist durch nichts zu rechtfertigen, Hass und Terrorismus haben keinen Platz in unseren Gesellschaften.“