Die jährliche Zerstörung tropischer Regenwälder ist im Jahr 2024 so umfangreich gewesen wie nie zuvor seit Beginn der Beobachtungen 2002. Das geht aus einer Studie des Forschungsinstituts World Resource Institute (WRI) und der University of Maryland hervor, in der aktuelle Daten der Plattform Global Forest Watch ausgewertet werden. Der Bericht konzentriert sich auf Tropenwälder, die am stärksten bedroht und besonders wichtig für die Artenvielfalt und die CO2-Speicherung sind.
Den Experten zufolge wurde allein 2024 eine Fläche von 6,7 Millionen Hektar tropischen Urwalds zerstört, was in etwa der Größe Panamas entspricht. Im Vergleich zum Jahr 2023 ist das ein Anstieg von 80 Prozent.
„Dieses Ausmaß der Zerstörung tropischer Wälder ist vollkommen
beispiellos in mehr als 20 Jahren der Datenerhebung“, sagte
WRI-Co-Direktorin Elizabeth Goldman gegenüber der Nachrichtenagentur
AFP. „Das ist weltweit Alarmstufe rot.“
Waldbrände sind eine immer häufigere Ursache für Urwaldzerstörung
Grund für diesen Höchstwert sind laut WRI die im Zuge des Klimawandels zunehmende Erderwärmung, die vermehrt Brände auslöst. 2024 war weltweit das heißeste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnung. Waldbrände seien dem Bericht zufolge in diesem Jahr für mehr als die Hälfte der Zerstörung verantwortlich und lösten damit erstmals die Landwirtschaft als zuvor wichtigsten Faktor für die Tropenwaldzerstörung ab. Durch die Waldbrände wurden 3,1 Milliarden Tonnen CO2 freigesetzt.
Auch eine Verschlechterung der Lage in Brasilien, wo die Zerstörung des dortigen Amazonas-Gebiets zuletzt ebenfalls seinen Höchststand seit 2016 erreichte, führen die Experten in der Studie als Grund an. Im vergangenen Jahr waren allein in Brasilien insgesamt 2,8 Millionen Hektar Urwald zerstört worden, zwei Drittel davon durch Waldbrände. Nachdem der brasilianische Staatschef Luiz Inácio Lula da Silva im ersten Jahr seiner neuen Amtszeit Schutzmaßnahmen durchgesetzt hatte, waren 2023 zunächst positive Entwicklungen für den Erhalt der Wälder verzeichnet worden. Einer WRI-Forscherin zufolge sei dieser Fortschritt nun jedoch durch die Ausweitung der Landwirtschaft bedroht.
Widersprüchlich zu den Daten der WRI-Studie stehen die am vergangenen Donnerstag vorgelegten Daten des brasilianischen Waldmonitors MapBiomas, die Rückgang der Urwaldzerstörung in Brasilien im Jahr 2024 verzeichneten.
Industrielle Landwirtschaft verschärft das Problem
Den WRI-Zahlen zufolge hat sich die Lage auch in Ländern wie Kongo, der Demokratischen Republik Kongo und Bolivien im vergangenen Jahr verschlechtert. In Bolivien etwa gehe ein Großteil der Zerstörung auch auf Brände zurück, von denen viele selbst gelegt worden seien, um Platz für industrielle Bauernhöfe zu schaffen. In südostasiatischen Ländern wie Indonesien und Malaysia verbesserte sich der Schutz der Urwälder dagegen.
Historisch gesehen ist die Verdrängung von Tropenwäldern vor allem auf die Produkte Palmöl, Soja, Rindfleisch und Holz zurückzuführen. Gerade die erhöhte Nachfrage nach Produkten wie Avocados aus Mexiko oder der vermehrte Anbau von Kakao- und Kaffeebohnen führt zu Problemen, im Bereich Palmöl hatte es dagegen zuletzt Verbesserungen im Walderhalt gegeben.