In Berlin bröckelt die Infrastruktur inzwischen schneller als das Vertrauen in den Nahverkehr. Nach dem Abriss der A100-Brücke, der Vollsperrung der Brücke an der Wuhlheide und der Einstufung weiterer Brücken als „hochgradig erschöpft“ hat der Berliner Senat nun Konsequenzen gezogen: Auf allen Brücken der Stadt gilt ab sofort ein Tempolimit von fünf Stundenkilometern – und zwar für alle, die sich bewegen.
Betreffen wird es jeden. Also Autos, Fahrräder, E-Scooter, Fußgänger, Nordic Walker, Personen mit Einkaufswagen, Gedankenreisende und alle, die aus Versehen zu schnell gehen, weil sie dringend auf die Toilette müssen.
Berlin warnt vor zu starkem Atmen
Begründet wird die Maßnahme mit der Gefahr kleinster Erschütterungen. Schon ein forscher Tritt oder ein unerwartetes Niesen könne tragende Elemente in die Knie zwingen. „Berlin ist eine pulsierende Stadt“, sagte eine Sprecherin der Senatsverwaltung. „Aber bitte ohne Puls auf Brücken.“ Auch der Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU) meldete sich zu Wort: „Die Brücken sind halt müde. Und wenn man müde ist, muss man sich auch mal hinlegen dürfen.“
Neue Schilder mit der Aufschrift „Langsam gehen! Und wenn möglich nicht atmen“ sollen helfen, das Sicherheitsgefühl zu stärken. Besonders auf der Elsenbrücken-Behelfskonstruktion zwischen Friedrichshain und Treptow wird künftig auf Körperspannung geachtet. Wer schwungvoll läuft oder auffällig stark auftritt, muss mit einem Ordnungsgeld von bis zu 85 Euro oder einem sofortigen Brückenverweis rechnen. Wer joggt, wird direkt angezeigt – wegen fahrlässiger Erschütterung mit potenziell strukturellem Vorsatz.
Liebesschlösser auf Brücken untersagt
Auch emotionale Ausbrüche sind künftig untersagt: Keine dramatischen Trennungen auf dem Gehweg, keine melancholischen Monologe mit Blick aufs Wasser, kein verliebtes Hängen am Geländer. Das Anbringen von Liebesschlössern wurde vollständig verboten. Stattdessen wird empfohlen, Zuneigung lieber durch gemeinsame Steuererklärungen zu zeigen – stabiler, bürokratisch und ganz ohne Materialbelastung.
Franziska Giffey (SPD), Senatorin für Wirtschaft, verteidigte die Maßnahmen mit gewohnter Tatkraft: „Wir können die Brücken nicht sofort reparieren – aber wir können die Menschen demotivieren, sie zu benutzen. So geht vorausschauende Politik.“ Zugleich kündigte sie an, dass man künftig auch die psychische Belastung der Brücken in den Blick nehmen wolle. „Viele Tragwerke fühlen sich überfordert, das müssen wir ernst nehmen.“
Neue Feiertage geplant
In einem weiteren Schritt hat der Senat alle sogenannten Brückentage für das Jahr 2025 ersatzlos gestrichen. Ersatzweise sollen neue, sichere Feiertage eingeführt werden, darunter der Tunnel-Donnerstag, der Kein-Schritt-zu-viel-Montag und der Bunkerfreitag, an dem man gar nicht erst rausgehen muss.
Wer trotz aller Warnungen weiterhin über Berliner Brücken möchte, muss künftig ein Seepferdchen-Abzeichen vorweisen – für den Fall der Fälle. Erste Schwimmkurse werden bereits in Neukölln auf Parkplätzen angeboten, direkt neben der mobilen Statikberatung und dem voll elektrisch-autark betriebenen Riss-Meldemobil.
Regenbogenfahnen sollen helfen
Zur Beruhigung wurde außerdem angekündigt, künftig auf allen gefährdeten Brücken Regenbogenflaggen zu hissen – als Zeichen der Vielfalt. Zwar schützt das keine einzige Stahlbetonverbindung vor dem Einsturz, aber es sieht auf Pressefotos gesellschaftlich fortschrittlich aus. Und darauf kommt es ja bekanntlich heutzutage an.
Berlin bleibt also in Bewegung – zumindest theoretisch. Praktisch wäre es dem Senat am liebsten, wenn alle einfach kurz stehen bleiben, innehalten und still hoffen. Denn was der Hauptstadt an Infrastruktur fehlt, macht sie durch kreatives Risikomanagement wett: Tempolimit, Feiertagsverbot, Flaggenbeschwörung – Berlin hat vielleicht keine tragfähigen Brücken mehr, aber dafür einen tragischen Humor. Oder, wie der neue Hauptstadt-Slogan jetzt lauten könnte: „Berlin – wo jede Verbindung wackelt, aber die Haltung stimmt.“