Am Residenztheater geht offensichtlich immer noch mehr: 18 Premieren kündigen Staatsintendant Andreas Beck und sein Team für die kommende Spielzeit 2025/26 an, eine mehr als in der laufenden Saison. Schon da war und ist das Programm üppig, das zudem durch Arbeiten von Ensemblemitgliedern, durch Lesungen, mobile Formate für Schulen und das Welt/Bühne-Festival ergänzt wird. Großes Theater also am Bayerischen Staatsschauspiel – was sich nicht nur auf die pure Quantität bezieht, sondern auch die Zusammensetzung des Spielplans, der am Donnerstagvormittag auf einer Pressekonferenz präsentiert wurde.
Staatsintendant Beck fasst dabei drei Themenlinien zusammen: Stücke, die einen München-Bezug haben, solche, die zeigen, „dass die Gesellschaft gerade verjuxt, was hart erkämpft war“, und jene von oder über starke Frauen. Auffällig und wunderbar ist dabei aber noch ein anderer Punkt. Nicht nur thematisch kommen diese starken Frauen vor, sie werden auch sehr oft die Regie übernehmen: Zwölf Produktionen liegen in weiblicher Hand; renommierte Regisseurinnen wie Barbara Frey und Claudia Bauer gehören dazu, genauso wie junge Regisseurinnen mit eigenen, bemerkenswerten Handschriften wie Elsa-Sophie Jach, Rieke Süßkow, Cosmea Spelleken und Claudia Bossard. Eine Quotenregelung ist am Bayerischen Staatsschauspiel offensichtlich gar nicht nötig. Ganz selbstverständlich entwickelt sich hier eine Spielzeit der starken Frauen.

Die Eröffnung am 26. September fällt dabei mitten in die Wiesn-Zeit. Passenderweise spielt auch Ödön von Horváths „Kasimir und Karoline“ auf dem Oktoberfest. Barbara Frey, die zuletzt vor 20 Jahren in München inszenierte, von 2021 bis 2023 Intendantin der Ruhrtriennale war, kehrt mit diesem Stück ans Residenztheater zurück. Zwei Tage später wird erstmals Cosmea Spelleken, deren Digitalformate wie „Werther.live“ höchst beeindruckend waren, an diesem Haus inszenieren. Sie adaptiert Irmgard Keuns Roman „Nach Mitternacht“, der ein Frauenschicksal im heraufziehenden Nationalsozialismus schildert (28.9.).
Schon diese beiden ersten Produktionen geben eine Richtung der Spielzeit vor: die der Bekanntheit von Titel oder Autorin beziehungsweise Autor. Das Programm soll offensichtlich viele Anknüpfungspunkte liefern. Besonders hervorstechend ist dies etwa bei „Der Untertan“ von Heinrich Mann, inszeniert von Hausregisseur Alexander Eisenach, „Der zerbrochne Krug“ von Heinrich von Kleist in der Regie von Mateja Koležnik und „Die Präsidentinnen“ von Werner Schwab, das bei Hausregisseurin Claudia Bauer mit Hang zum Punk auch ein bisschen Spektakel erwarten lässt.
Titel wie „Bernarda Albas Haus“, „Ödipus“ (in einer Bearbeitung von Robert Icke) und „Cabaret“ – hier inszeniert Opernregisseur Claus Guth – gehören auch in diese Reihe. Genauso wie die bekannten Namen zeitgenössischer Autoren bei zwei der vier Uraufführungen: Albert Ostermaier hat mit „Munich Machine“ eine „Hymne und Abrechnung an seine Heimatstadt München geschrieben“, zugleich ehrt er Filmregisseur Klaus Lemke (Regie: Ersan Mondtag). Und Rainald Goetz legt sein neues Stück „Lapidarium“, in dem lauter hiesige Künstler wie Bierbichler, Polt, Kroetz oder Dietl als Figuren auftauchen, dezidiert in die Hand von Hausregisseurin Elsa-Sophie Jach.
Das Residenztheater probiert auch ein digitales Format aus, eine „immersive Performance“ mit dem Titel „Tremens“. Und es holt im November wieder ein Familienstück auf die große Bühne: Daniela Kranz inszeniert Astrid Lindgrens „Pippi Langstrumpf“. Und Pippi, die zählt für Staatsintendant Andreas Beck auch zu den starken Frauen, wenngleich auch ein bisschen augenzwinkernd.