Max Walscheid ist ein echtes Multitalent: Radprofi, Medizinstudent und Podcaster. Doch wie schafft er es, das alles erfolgreich unter einen Hut zu bekommen?
Er ist an der Spitze angekommen. Max Walscheid ist Teil der World Tour und fährt bei den ganz großen Radrennen mit. Ein besonderes Rennen ist sein nächstes Ziel: die Tour de France.
Seit zehn Jahren ist der 31-Jährige aus Neuwied bereits Radprofi. Seine Fähigkeiten können erfolgsentscheidend sein. Denn der zwei Meter große Mann ist genau da, wofür den anderen Fahrern seines australischen Rennstalls Jayco Alula die Kraft fehlt. „Ich bin zu groß, ich bin zu schwer. Aber ich bin sehr wertvoll für Teams was Sprints angeht, was das Beschützen von Gesamt-Klassement Fahrern angeht“, beschreibt er seine Fähigkeiten. Auch hat er sich in den vergangenen Jahren weiterentwickelt. Walscheid habe nun eine sehr gute Rennübersicht, womit er seinen Teamkollegen helfen könne.
Der Radprofi fährt bis zu 30.000 Kilometer im Jahr. Dabei tritt er bis zu 2.000 Watt in die Pedale. Um die enggetakteten Rennen zu meistern, ist Selbstdisziplin von großer Bedeutung. „Meine größte Schwäche ist das Berg hoch fahren“, gibt Walscheid zu. Doch bei jedem Anstieg beißt er die Zähne zusammen. Er weiß, er muss nur für eine kurze Zeit den „Schmerz aushalten, dann ist es vorbei“. Drei Mal nahm er bisher an der Tour de France teil (2020, 2021, 2022), in diesem Jahr ist die nächste Teilnahme das Ziel.
Gefahren des Radsports
In der World Tour benötigt es viel Kraft und Mut. Denn wer unaufmerksam ist, riskiert sein Leben. Max Walscheid sagt selbst, der Radsport ist „so eine Sache, wo man vielleicht nicht zu sehr in die Zukunft planen sollte. Weil: Wir tragen nur ein Trikot, eine Hose und einen 200 Gramm Styroporhelm“. Die Schlagzeilen im Radsport der vergangenen Monate wurden immer wieder geprägt durch Stürze, Verletzungen oder Karriereenden. Der Radsport wird schneller. Das Level höher. Doch die Straße wird nicht breiter.
Paris-Roubaix und seine Tücken
Eines der brutalsten und anspruchvollsten Rennen ist Paris-Roubaix. Nicht ohne Grund wird es auch die „Hölle des Nordens“ genannt. Doch es ist gleichzeitig das wichtigste Tagesrennen für jeden Radprofi. Auch Walscheid ist mittendrin. Doch auf dem schwierigen, gepflasterten Untergrund passiert das, was jeder Radfahrer verhindern möchte: Walscheid stürzt. Sein Rad bricht. Doch Aufgeben ist für ihn keine Option. „Für mich existiert der Gedanke nicht, weil ich habe in der Vorbereitung auf das Rennen so enorm viel investiert, um überhaupt in die Position zu kommen“, erklärt er. Mit dem viel zu kleinen Rad eines Teamkollegen geht es für ihn weiter. Doch durch den Sturz ist er weit zurückgefallen. Die Aufholjagd scheitert, denn zu groß ist das Chaos auf der Rennstrecke. Wer bei Radrennen wie Paris-Roubaix unaufmerksam ist, verliert schnell den Anschluss. Am Ende landet Walscheid auf Rang 59.
Max Walscheid nach dem Radrennen in Paris-Roubaix.
Es kommt auf das richtige Material an
Besonders wichtig für solche Rennen ist die richtige Ausstattung. Regelmäßig testet Max Walscheid Fahrradteile für Hersteller. Gemeinsam mit seinem Kumpel Chris tüftelt er auch selbst am Rad für die optimale Aerodynamik. Zwar stellt das australische Team ihm sein Material rennfertig bereit, doch in seiner Werkstatt geht es um den feinen Unterschied, darum ein paar wenige Watt zu sparen. Auch das Material für seinen Anzug kann von großer Bedeutung sein. „Je nach Körperpartie, Luftstrom und teilweise auch Geschwindigkeit werden unsere Anzüge gebaut“, sagt der 31-Jährige. „Entscheidend ist schon die Wahl der Stoffe über die Geschwindigkeit des gesamten Anzugs.“
Erholung in der Freizeit
Erholen kann sich Walscheid zu Hause in Heidelberg. Dort wartet auch seine Ehefrau Johanna auf ihn. Seit 10 Jahren begleitet sie ihn bereits. Doch gemeinsame Stunden sind kostbar und selten. Fast die Hälfte des Jahres sind die beiden voneinander getrennt. „Aber ich versuche das eigentlich zu kompensieren, indem ich selbst zu den Rennen hinfahre und ihn dann vor Ort unterstützen kann“, erzählt Johanna.
Ein Ausgleich in der Freizeit ist im Profisport besonders wichtig. Auch Walscheid legt besonderen Wert darauf, „denn sportliche Performance leidet total darunter, wenn man nicht insgesamt glücklich in seinem Leben ist.“ Zur Abwechslung spielt er gern Tischtennis, Minigolf oder Golf. Zusätzlich betreibt er mit seinen beiden Freunden Tobi und Richie einen Podcast. Jede Woche schalten die drei sich zusammen und diskutieren über alles rund um die Radsportwelt.
Plan B: Medizinstudium
Für sein Leben nach dem Radsport hat Max Walscheid bereits einen Plan B: ein Studium in Medizin an der Heidelberger Uni. Das erste Staatsexamen hat er bereits hinter sich. Gerade in einem so risikoreichen Sport kann einiges passieren. Durch einen Sturz und eine Verletzung, kann die Karriere von heute auf morgen beendet sein. „Wenn jetzt alle Stricke reißen, dann werde ich in zwei Wochen wieder ganz normal an der Uni sein. Das ist dann vielleicht ein sehr krasser Übergang, aber auf jeden Fall eine Perspektive“, erklärt Walscheid.
Walscheid: „Ich genieße einfach den Moment“
Max Walscheid hat schon viele Etappen in seinem Leben geschafft. Sportlich und privat. Auch die nächsten Etappen der Tour de France werden ihn herausfordern: Die Nominierungen dafür stehen noch aus, viele Trainingsstunden stehen ihm noch bevor. Doch er lebt ganz gerne im Hier und Jetzt: „Es kann alles Mögliche passieren. Ich genieße einfach den Moment, dass man im wunderschönen Heidelberg bei besten Wetter Radfahren kann.“