Die Bundeswanwaltschaft hat die Ermittlungen im Fall des Syrers Mahmoud M. übernommen. Ihm wird nach einer Pressemitteilung der Behörde zur Last gelegt, am frühen Sonntagmorgen „vor einem Lokal in Bielefeld mit Messern gezielt auf Gäste eingestochen und dabei vier Personen lebensgefährlich verletzt zu haben“. Es bestehe der Verdacht, dass die Tat religiös (also islamistisch) motiviert gewesen und insofern als Angriff auf die freiheitliche demokratische Grundordnung zu verstehen sei. Damit sei sie „geeignet, die innere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen“, weshalb sich die Bundesanwaltschaft für zuständig erklärt hat.
Die Polizei hatte den 35 Jahre alten mutmaßlichen Täter am späten Montagabend in Heiligenhaus im Kreis Mettmann festgenommen. Der nordrhein-westfälische Innenminister Herbert Reul (CDU) sagte: „Die kleinteilige Arbeit hat sich gelohnt und wir konnten den überraschten Täter dingfest machen.“ Die Ermittler hätten „nach der Schock-Tat von Bielefeld jede kleinste Spur nach dem Täter aufgenommen und verfolgt“, mit allen Möglichkeiten, die die Polizei habe, und unter starkem öffentlichem Druck, sagte Reul. „Jetzt braucht es Antworten, welches Motiv den Täter zur Tat geleitet hat.“
Nach Informationen der F.A.Z. verfügte der mutmaßliche Täter über mehrere Mobiltelefone, die aber während seiner Flucht ausgeschaltet waren und deshalb nicht dazu genutzt werden konnten, ihn aufzuspüren. Durch die Auswertung von Videoaufnahmen aus Bahnhöfen und durch den Einsatz von Mantrailer-Hunden gelang es dann gleichwohl, M. auf die Spur zu kommen und seine wahrscheinliche Aufenthaltsregion einzugrenzen. Zudem meldete sich ein naher Verwandter des Tatverdächtigen mit Hinweisen bei der Polizei.
Schließlich gab es am Montagabend an drei Orten im Kreis Mettmann nahe Düsseldorf SEK-Einsätze, zwei in Heiligenhaus, einen in Velbert. Bei einem der Einsätze in Heiligenhaus konnte der Tatverdächtige in einer Hochhauswohnung festgenommen werden.
Zettel mit Namen gefunden?
Seither gehen Ermittler unter anderem auch unter Hochdruck der Frage nach, ob M. Kontakte in die islamistische Szene hatte und es sich bei der Attacke um einen dschihadistischen Anschlag handelte. Man hoffe, möglichst rasch auf neue Erkenntnisse zur Motivlage, sagte ein Sprecher des Polizeipräsidiums Bielefeld. Ermittler der dort eingerichteten Mordkommission wollen den Mann vernehmen und Beweismittel auswerten.
Aus Sicherheitskreisen hieß es zunächst, die Erkenntnislage sei noch unübersichtlich. Neben unauffälligen Kontakten zu einer Moscheegemeinde in Bielefeld sei M. auch mit Personen in Verbindung gestanden, die von den Sicherheitsbehörden als sogenannte relevante Personen im Islamismus eingestuft werden. In seiner Unterkunft in Harsewinkel sollen mehrere Zettel mit entsprechenden Namen gefunden worden sein. Weitere Hinweise auf eine mögliche islamistische Radikalisierung sollen bisher nicht gefunden worden sein.
Allerdings steht die Auswertung der Mobiltelefone des Tatverdächtigen noch aus. Aus Sicherheitskreisen hieß es, nun gehe es auch darum herauszufinden, welche Internetinhalte der Tatverdächtige vor seiner Attacke konsumiert habe. Wie in solchen Fällen üblich, befand sich ein Staatsanwalt des GBA schon vor der förmlichen Übernahme der Ermittlungen am Dienstagabend im engen Austausch mit den örtlichen Ermittlern. Bundesjustizministerin Stefanie Hubig (SPD) sagte, inzwischen hätten sich die Hinweise verdichtet, dass der Täter aus einer islamistischen Motivation gehandelt habe. Islamistischer Terrorismus zähle zu den größten Gefahren für die Sicherheit in Deutschland. „Der Messerangriff in Bielefeld am frühen Sonntagmorgen war von erschütternder Brutalität: Mehrere Angegriffene sind nur knapp mit dem Leben davongekommen“, fügte sie hinzu.
Ein Bar-Besucher hielt ihn fest, dann entwischte er
Mahmoud M. soll sich am Sonntagmorgen gegen 4.20 Uhr in der Bielefelder Innenstadt vor der Bar „Cutie“ unter die Gäste einer House-Party gemischt haben und dann unvermittelt wahllos mehrere Personen attackiert haben. Zunächst war nur von einem oder mehreren „scharfen Gegenständen“ die Rede; inzwischen schreibt die Bundesanwaltschaft von „Messern“. Einer der Bar-Besucher konnte den Angreifer zunächst festhalten, dann gelang es dem Mann, sich loszureißen und zu fliehen. Dabei verlor er eine Tasche, in der sich seine Personaldokumente sowie eine Flasche mit einer unbekannten, nach Benzin riechenden Flüssigkeit befand.
Nach bisherigen Erkenntnissen war M. 2023 über die Türkei, Bulgarien und weitere Transitländer nach Deutschland gekommen, wo er erstmals auf europäischem Boden Asyl beantragte. Im Dezember 2023 sprach ihm das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge subsidiären Schutz zu; die Ausländerbehörde in Gütersloh erteilte ihm eine bis Anfang 2027 befristete Aufenthaltserlaubnis. Zuletzt lebte er in einer Flüchtlingsunterkunft in Harsewinkel.