Bei der Energiewende ist vieles neu und herausfordernd. Aber man muss bereit sein, dazuzulernen. Kaum hat man kapiert, dass ein Elektroauto zusammen mit einer Photovoltaikanlage auf dem eigenen Hausdach die richtig schlaue Kombination ist, kommt schon ein noch klügeres Konzept dazu: das bidirektionale Laden.
Kurz gesagt geht es darum, dass die Akkus von E-Autos viel zu schade sind, um nur zum Autofahren gebraucht zu werden. Sie lassen sich auch als allgemeine Speicher nutzen und können geladenen Strom zurück ins Netz speisen. Da steckt sehr viel Potenzial drin. Denn die Akkus eines einzigen E-Autos haben eine Vielfaches mehr an Speicherkapazität als ein gewöhnlicher PV-Stromspeicher für einen normalen Haushalt. Und wenn die Zahl der E-Autos in den kommenden Jahren auf viele Millionen anwächst, lassen sich riesige Speichermengen errechnen.
E-Autos sind deshalb eine Antwort auf ein häufig genanntes Problem: Wenn Photovoltaik und Windenergie noch kräftig ausgebaut werden, wohin soll man dann mit bei hellstem Sonnenschein zur Mittagszeit oder an windigen Tagen im Übermaß produziertem Strom? Ein Teil des grünen Stroms fließt dann – intelligent vorausberechnet und klug gesteuert – in E-Autos, die gerade nur herumstehen.
Die Bürger Energie Gemeinschaft (BEG) Isental wirbt für dieses Konzept und bietet interessierten Privatleuten die Teilnahme an einem Pilotprojekt in der Region an. „Wir suchen interessierte Haushalte in der Region, die ein E-Auto haben oder sich eines anschaffen wollen“, sagt Xaver Pfab, Mitglied des Aufsichtsrats bei der BEG Isental und Experte für Elektromobilität und bidirektionales Laden. Die gesuchten Teilnehmer der auf drei Jahre angelegten Projektstudie erhalten die notwendige technische Ausstattung, die Hard- und Software, um in ihrer Garage ihr Auto zu laden und in die andere Richtung als Stromspeicher zu vernetzen – „zu einem sehr attraktiven Gesamtpreis“, versichert Pfab. Denn wirtschaftliche Aspekte sind ein wichtiger Punkt.
Die meiste Zeit steht das E-Auto eines Normalverbrauchers eben einfach nur herum, ganz viel auch zu Hause. Während der Zeit in oder vor der eigenen Garage finden aber im Durchschnitt 80 Prozent der Ladevorgänge statt. Wenn die private PV-Stromerzeugung, das Auto und das örtliche Stromnetz intelligent miteinander vernetzt werden, lohne das letztlich mehrfach, sagt Pfab: Die Haus- und Autobesitzer sparen, das allgemeine Stromnetz wird entlastet und Überkapazitäten können gespeichert werden.
„Wir wollen aufzeigen, was ein E-Auto alles kann und was da noch alles möglich ist“
Das bidirektionale Laden ist noch ziemliches Neuland. Pfab ist sich aber sicher, dass es gerade deshalb genügend Menschen interessieren werde. Die Projektstudie soll letztlich die Alltagstauglichkeit der Technik für einen Massenmarkt und den allgemeinen Einsatz noch einmal untersuchen und vor allem bestätigen. „Wir wollen aufzeigen, was ein E-Auto alles kann und was da noch alles möglich ist“, sagt Pfab.
Das Konsortium BDL next – die Abkürzung steht für „bidirektionales Lademanagement“ – ist eine Zusammenarbeit von mehreren Forschungseinrichtungen, Energieversorgern, Netzbetreibern und Fahrzeugproduzenten. Die BEG Isental ist als ausgesuchter Partner beim Projekt von BDL next dabei, weil hier die richtigen Voraussetzungen gegeben erscheinen. Natürlich hat auch BEG-Aufsichtsrat Pfab mit seiner professionellen Expertise damit zu tun.
Pfab ist Ingenieur und hat 37 Jahre bei BMW gearbeitet. Zuerst in der Motorentwicklung, dann wechselte er – dem Trend der technischen Entwicklung folgend – vom Maschinenbau zur Elektronik. Schließlich war er von 2010 an bei BMW in der Arbeitsgruppe dabei, die die Zukunft des C02-freien Fahrens erkundete. Schon 2012 sei man sich sicher gewesen, sagt Pfab, dass die Elektromobilität die beste Perspektive habe. Zuletzt hatte Pfab führende Positionen beim BDL-Konsortium. Aktuell arbeitet er als Unternehmens- und Politikberater.