Immobilien
„Besser wird’s nicht“: Warum der Hauskauf jetzt klug sein könnte
Häuser in der neuen Altstadt von Frankfurt
© Raimund Kutter / Picture Alliance
Nach turbulenten Wochen rechnen Immobilienexperten mit stabileren Bauzinsen. Welche Chancen sich potenziellen Käufern nun auf dem Immobilienmarkt bieten und was sie wissen müssen
Der Immobilienmarkt ist im bisherigen Jahr schon kräftig durchgerüttelt worden: Erst ließ das von Friedrich Merz (CDU) angekündigte milliardenschwere Schuldenpaket die Bauzinsen deutlich nach oben springen. Dann verpasste ihnen Donald Trump mit seinen Zoll-Tiraden wieder einen Dämpfer. Viele Käufer sind deshalb verunsichert und warten wegen des Zins-Zickzacks mit dem Hauskauf ab. Alles in allem also ein holpriger Jahresstart für die Immobilienbranche, die eigentlich gerade wieder eine Belebung spürte. Jetzt aber erwarten Experten den Aufschwung am Markt für das zweite Halbjahr. Kaufwillige sollten deshalb nicht zu lange überlegen – und im Zweifel lieber handeln.
Deutschlands bekanntester Immobilienökonom Michael Voigtländer vom arbeitgebernahen Forschungsinstitut IW rät: „Wegen der Zinsen mit dem Kauf zu warten, macht eher keinen Sinn, auch weil die Preise steigen.“ Das sieht Daniel Ritter ähnlich, geschäftsführender Gesellschafter beim Immobilienmakler von Poll: „Auch wenn die Zinsen hoch sind, ist es kein schlechter Zeitpunkt, um zu kaufen“, sagte er bei einer Veranstaltung in Frankfurt, „besser wird’s nicht“. Für das laufende Jahr rechnen die Experten mit durchschnittlichen Bauzinsen von rund 3,6 bis 3,7 Prozent bei einer Laufzeit von zehn Jahren. „Wir werden nicht über die Marke von vier Prozent kommen“, prognostizierte Stefan Münter, Co-CEO vom Finanzierer Europace.
Mehr Immobilienkredite vergeben
Der Ausblick auf stabilere Zinsen ließ die Nachfrage bei Immobilienkrediten bereits steigen. Im ersten Quartal vergaben Banken neue Finanzierungen für Häuser und Wohnungen in Höhe von 24,4 Mrd. Euro – das war fast ein Drittel (31,9 Prozent) mehr als ein Jahr zuvor, so der Verband deutscher Pfandbriefbanken (VDP). Besonders Kredite für Mehrfamilienhäuser stiegen mit gut 51 Prozent an. Der Verband vertritt die wichtigsten deutschen Immobilienfinanzierer.
Auch Vermittlerportale wie Immoscout24 spüren inzwischen deutlich, dass die Kauflaune zurückkehrt. Die Nachfrage sei um 14 bis 16 Prozent gestiegen, sagte Immoscout24-Geschäftsführer Daniel Hendel. Die Entwicklung der Preise zeigt ebenfalls, dass wieder deutlich mehr los ist im Markt: Im ersten Quartal waren Häuser und Wohnungen im bundesweiten Schnitt 3,6 Prozent teurer als ein Jahr zuvor, besagen VDP-Zahlen. In großen Metropolen wie Berlin, Frankfurt und Köln sprangen sie sogar um rund fünf Prozent nach oben.
Hohe Mieten machen Hauskauf attraktiver
Vielfach stärker als die Kaufpreise stiegen zuletzt die Mieten. Sie sind einer der Gründe, warum sich viele Mieter derzeit überlegen, doch lieber eine Immobilie zu kaufen. Die Neuvertragsmieten in Mehrfamilienhäusern kletterten laut VDP binnen Jahresfrist um 4,3 Prozent im Bundesschnitt und um 4,4 Prozent in den Metropolen, darunter am stärksten in Berlin mit fast fünf Prozent. „Die Leistbarkeit von Wohneigentum wird wegen der hohen Mieten gerade wieder neu bewertet“, sagte Lucie Lotzkat, geschäftsführende Gesellschafterin bei von Poll Finance, der Finanzierungssparte des Maklers.
Doch können sich alle Mieter, die jetzt den Sprung ins Eigenheim wagen, die eigene Immobilie wirklich leisten – oder ist die Immobilienfinanzierung bei vielen Käufern eigentlich zu riskant? Zuletzt betrug die Höhe des durchschnittlich beantragten Kredits rund 350.000 Euro, der Kaufpreis der Immobilie lag im Schnitt bei 395.000 Euro. Das ergibt eine Beleihungsquote von 89 Prozent des Objektwerts – was relativ hoch ist. Die Faustregel besagt, dass mindestens 20 bis 30 Prozent an Eigenkapital für einen Immobilienkauf vorhanden sein sollten. Lotzkat sieht das nicht so eng: Solange ein festes Monatsnettogehalt vorhanden sei, halte sie eine Finanzierung auch mit geringem Eigenkapital für möglich. „Wir sind fernab des Risikos, bei dem Geschäfte scheitern“, sagte Münter vom Finanzierer Europace, wenngleich klar sei: „Nicht alle können kaufen.“
Finanzierung: sanierungsbedürftige Immobilien leichter zu kriegen
Am größten ist derzeit das Angebot an Häusern und Wohnungen, die energetisch saniert werden müssen. „Immobilien mit schlechtem energetischen Zustand haben von Passau bis Rostock aber die geringste Nachfrage“, so Makler Ritter. Da lasse sich auch beim Preis oft gut verhandeln. Gerade in gefragten Ballungsräumen seien diese Immobilien aber dennoch durchaus gefragt, ergänzte Voigtländer.
Entscheidend sei nun, was die neue Regierung bei den Vorgaben zu Energiestandards beschließe, sagte er. CDU/CSU und SPD kündigten im Koalitionsvertrag bereits an, stärker auf den CO₂-Ausstoß abheben zu wollen, statt wie bisher auf den Effizienzstandard. Es sei zum Beispiel bereits sehr zielführend, sagte Voigtländer, ein altes Haus mit einer Wärmepumpe auszustatten, auch wenn es damit laut den Vorgaben nur die Energieeffizienzklasse D habe. Man müsse nicht jedes Haus vom Energieeffizienzstandard G oder H zur Top-Note A sanieren. Er kritisierte damit vor allem das KfW-Förderprogramm „Jung kauft Alt“, bei dem der Sanierungsaufwand auf die Standards B oder C für viele junge Familien schlicht zu groß gewesen sei.
Immobilien in Metropolen wie München, Frankfurt und Köln zu finden, bleibt indes für viele Kaufwillige schwierig. Dort sind die Preise überdurchschnittlich hoch und das Angebot geringer. In Umlandgemeinden, die bis zu 30 Minuten entfernt liegen, lässt sich laut den Experten aber noch ein sehr günstiges Preis-Leistungs-Verhältnis finden.