Die Bundesbank geht im Einklang mit dem Rat der sogenannten Wirtschaftsweisen ebenfalls davon aus, dass 2025 zum dritten wachstumsfreien Jahr in Folge wird. „Wir erwarten auch für 2025 eine schwache wirtschaftliche Entwicklung, was man als Stagnation bezeichnen könnte“, sagte Bundesbankpräsident Joachim Nagel am Rande des G7-Treffens von Finanzministern und Zentralbankchefs in Kanada.
Zwar sei die deutsche Wirtschaftsleistung im ersten Quartal nach einer ersten Schätzung um 0,2 Prozent gegenüber dem Vorquartal gestiegen, teilte die Bundesbank in ihrem Monatsbericht mit. Doch das liege vermutlich daran, dass es durch Unruhen, die von der US-Zollpolitik ausgelöst wurden, vorgezogene Bestellungen bei der Industrie gab. „Dann werden die Folgequartale eher schwächer ausfallen“, sagte Nagel.
US-Zollpolitik belastet Exportwirtschaft
Auch im Monatsbericht heißt es dazu, es sei zwar nicht ausgeschlossen, dass sich solche sogenannten Vorzieheffekte auch im laufenden Quartal zeigten. „Grundsätzlich führen vorgezogene Produktion oder Exporte jedoch früher oder später zu einem entsprechenden Rückpralleffekt“, schreibt die Bundesbank weiter. Auch das könne sich bereits im zweiten Quartal auf die Konjunktur auswirken.
Wenn die deutsche Wirtschaft nach einem Rückgang des Bruttoinlandsprodukts um 0,3 Prozent im Jahr 2023 und einem weiteren BIP-Rückgang um 0,2 Prozent im vergangenen Jahr auch in diesem Jahr nicht wächst, wäre es die erste derartige Serie in der Nachkriegsgeschichte. Das Szenario ist unter anderem dadurch wahrscheinlicher geworden, dass die ohnehin belastete Exportwirtschaft an den Folgen der US-Zollpolitik leidet. Das als die Wirtschaftsweisen bekannte Gremium von Ökonominnen und Ökonomen, das die Bundesregierung berät, hatte gestern mitgeteilt, von null Prozent Wachstum in diesem Jahr auszugehen.
Umso wichtiger sei es, dass die neue Bundesregierung Investitionen und Strukturreformen vorantreibe, sagte Bundesbankchef Nagel. „Investitionen in Infrastruktur und Zukunftstechnologien sind dabei der Schlüssel, um die Tür für mehr Wachstum aufzustoßen.“ Damit bezog er sich auf das von Schwarz-Rot geplante Investitionsprogramm, das mehr als 500 Milliarden Euro umfasst.
Maßnahmen von Schwarz-Rot sollen erst ab 2026 wirken
Sorgen, dass das die erst kürzlich auf den Zielwert von zwei Prozent gefallene Inflation wieder erhöhen könnte, macht die Bundesbank sich dadurch aber nicht. Allerdings erwartet sie auch keine schnellen Effekte: Erst im kommenden Jahr würden die Maßnahmen vermutlich „konjunkturstützend wirken“, schreibt sie dazu in ihrem Monatsbericht.
Grund dafür sei unter anderem, dass Infrastrukturprojekte zunächst Planungs- und Genehmigungsverfahren sowie Vergabeprozesse durchlaufen müssten. Bei Bauprojekten hänge ihr Wachstumseffekt zudem davon ab, wie viel Produktionskapazität für die Vorhaben überhaupt vorhanden ist. Die geplante Erhöhung der Rüstungsausgaben werde ihrerseits ebenfalls zum Wachstum beitragen.
Eine detaillierte Prognose, inwiefern sich das Investitionsprogramm von Schwarz-Rot auf die Konjunktur auswirken werde, will die Bundesbank demnach aber erst im Juni abgeben. Die Wirtschaftsweisen gehen von einem Prozent Wachstum im kommenden Jahr aus.