62 Prozent der Befragten sprechen sich gegen Steuergelder für die AfD-nahe Desiderius-Erasmus-Stiftung aus, teilte die Kampagnen-Organisation Campact als Auftraggeberin der Umfrage am Donnerstag in Berlin mit. Für 60 Prozent der Wahlberechtigten sei die AfD die größte Gefahr für die Demokratie seit der Gründung der Bundesrepublik.
Für die Einleitung eines AfD-Verbotsverfahrens auf Bundesebene ist demnach jeder Zweite (50 Prozent). 41 Prozent sind dagegen, neun Prozent haben keine Meinung.
Unter Unionsanhängern befürworten 61 Prozent ein Verbotsverfahren, bei SPD und Grünen sind es jeweils 80 Prozent, bei den Linken 74 Prozent. Zugleich glaubt nur ein Drittel der Befragten, dass ein entsprechendes Verfahren erfolgreich wäre. 54 Prozent gehen davon aus, dass ein Verbot scheitern würde.
70 Prozent der Unionswähler sind gegen eine Zusammenarbeit mit den Rechtsextremen. Bei SPD-Wählerinnen- und -wählern sind es 93 Prozent, bei Grünen 89 und bei Linken 81 Prozent.
73 Prozent der Befragten forderten ferner mehr Geld für Förderprogramme gegen rechts. Das wird selbst von 83 Prozent der CDU/CSU-Wählerinnen und -wähler befürwortet. 85 Prozent sprachen sich für mehr politische Bildung in Schulen und der Erwachsenenbildung aus. 69 Prozent der Wahlberechtigten forderten, dass Beamte oder Angestellte im Öffentlichen Dienst auf Verfassungstreue überprüft werden sollten.
Bei der Frage, rechtliche Schritte gegen die AfD oder sie inhaltlich stellen, spricht sich eine dünne Mehrheit (46 Prozent) für ein rechtliches Vorgehen aus. 44 Prozent plädieren für einen ausschließlich inhaltlichen Wettstreit mit der Partei. 42 Prozent empfänden ein Verbot als unfair, darunter auch ein knappes Drittel (30 Prozent) der Unionsanhänger.
Sollte die AfD an die Regierung kommen, gehen 69 Prozent der Befragten davon aus, dass Menschen mit Migrationsgeschichte hierzulande nicht mehr sicher sind. Selbst unter den AfD-Anhängern stimmen dem 18 Prozent zu.
Der geschäftsführende Vorstand bei Campact, Felix Kolb, nannte die Ergebnisse einen deutlichen Appell an Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) und seine Minister: „Die schwarz-rote Bundesregierung muss im Kampf gegen Rechtsextremismus einen Gang hochschalten und diesen zu einer Top-Prio machen.“ Jetzt gehe es darum, ein AfD-Verbotsverfahren ernsthaft zu prüfen.
Der Jurist Bijan Moini von der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) nannte die Einstufung der AfD als „gesichert rechtsextremistisch“ vom Verfassungsschutz Anfang Mai einen wichtigen Baustein in einem möglichen Verbotsverfahren. Das entsprechende Gutachten allein werde ein Verbotsverfahren aber nicht tragen. Die GFF habe deshalb mit weiteren zivilgesellschaftlichen Akteuren ein Rechercheteam gebildet, um die Verfassungsfeindlichkeit der Partei zweifelsfrei nachweisen zu können.
Justizministerin Hubig: AfD-Verbotsverfahren prüfen
Bundesjustizministerin Stefanie Hubig (SPD) plädiert für eine Prüfung eines Antrages auf ein Verbot der AfD. Man müsse die Partei „als mögliche Gefahr für unsere Demokratie sehr ernst nehmen“, sagte die SPD-Politikerin der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“. „Dazu gehört unbedingt, ein Parteiverbot zu prüfen“, fügte sie hinzu.
„Das Parteiverbot ist das schärfste Schwert, das unsere Demokratie gegen ihre organisierten Feinde hat. Man darf es nicht voreilig ziehen“, sagte Hubig. Das heiße umgekehrt: „Wenn nach gründlicher Prüfung die Voraussetzungen dafür vorliegen, dann wäre es nur schwer vermittelbar, das Instrument nicht zu nutzen.“
Hohe Hürden für ein Verbot
Hubig kündigte an, dass sich die Bundesregierung zu einem Verbotsverfahren beraten und eine gemeinsame Antwort finden werde. Sie sieht auch den Bundestag in der Pflicht, sich mit dem Thema zu befassen. „Ich möchte auch betonen: Im Bundestag und im Bundesrat muss die Diskussion ebenfalls stattfinden.“ Denn der Antrag auf ein Verbotsverfahren könne nicht nur von der Bundesregierung gestellt werden, sondern eben auch von Bundestag oder Bundesrat.
Für die Umfrage wurden den Angaben zufolge Mitte Mai 1514 Wahlberechtigte in Deutschland ab 18 Jahren online von der Agentur für Wahl- und Meinungsforschung pollytix befragt.