Bei Joe Biden wurde Prostata-Krebs festgestellt, der bereits die Knochen erreicht hat. Das teilte Bidens Büro am Sonntag mit. Die Diagnose erhielt der frühere US-Präsident demnach am Freitag, nachdem er sich über zunehmende Beschwerden beim Wasserlassen beklagt hatte. Sein Nachfolger Donald Trump schrieb in einer Stellungnahme, er und seine Frau Melania seien betrübt: „Wir wünschen Joe eine schnelle und erfolgreiche Besserung.“
Bidens Krebserkrankung ist aggressiv und in einem weit fortgeschrittenen Stadium. Sie wurde offenbar erst jetzt erkannt, obwohl er als Präsident sehr eng medizinisch überwacht und begleitet wurde. Noch im vergangenen Jahr hatte ihm sein Leibarzt bescheinigt, „diensttauglich“ zu sein. „Alles ist bestens“, sagte Biden damals.
Der Tumor lässt sich möglicherweise wirksam kontrollieren
Nun aber leidet der 82-Jährige an einem Befall, dessen Schweregrad die Ärzte mit neun von zehn Punkten beschreiben. Grundlage dafür ist der Gleason-Score, der die Veränderung der Prostata-Zellen und deren Ausbreitungspotenzial beschreibt. Haben Ableger einmal die Knochen erreicht, gilt der Krebs als nicht mehr heilbar. Der American Cancer Society zufolge beträgt bei Prostata-Krebs mit Metastasen die Überlebenschance nach fünf Jahren rund 37 Prozent. Biden und seine Familie, so heißt es, prüfen verschiedene Therapieoptionen. Sein Tumor spreche auf Hormone an, was eine wirksame Kontrolle ermögliche.
Während der frühere Präsident von vielen Seiten Genesungswünsche erhielt, nahm die Debatte über seine Erkrankung sofort eine politische Dimension an. Publik wurde sie just an einem Wochenende, an dem Bidens Gesundheitszustand ohnehin die Schlagzeilen dominierte. Am Samstag veröffentlichte das Nachrichtenportal Axios Audio-Aufnahmen von Interviews, in denen Biden alt, fahrig und vergesslich wirkt. Geführt wurde die Befragung über fünf Stunden am 8. und 9. Oktober 2023. Anlass war eine Untersuchung von Sonderermittler Rob Hur. Er prüfte, ob eine Klage gegen Biden gerechtfertigt wäre, weil dieser in der Garage in seinem Haus in Wilmington sowie an weiteren Orten illegalerweise Geheimdokumente aufbewahrt hatte.
Der Sonderermittler verzichtete schließlich darauf, Biden vor Gericht zu stellen. Der Präsident würde den Geschworenen als „sympathischer, wohlmeinender, älterer Herr mit einem schlechten Gedächtnis“ erscheinen, schrieb Hur in seinem Abschlussbericht im Februar 2024. Es war ein vernichtendes Urteil für Biden, der mitten in den Vorwahlen für eine zweite Amtszeit als Präsident steckte.
Ein Buch enthüllt weitere Probleme Bidens im Wahlkampf
Neue Details über diesen Wahlkampf haben die Amerikaner eben erst dank eines Enthüllungsbuchs erfahren, das am Dienstag in den Handel kommt. Darin schildern CNN-Moderator Jake Tapper und Axios-Journalist Alex Thompson unter anderem, dass Bidens Umfeld darüber diskutierte, den Präsidenten in einen Rollstuhl zu setzen.
Zudem beschrieben sie, wie Biden bei einem Spendenanlass in Los Angeles seinen alten Freund George Clooney nicht erkannt hatte. Darauf verfasste der Schauspieler einen Gastbeitrag in der New York Times, in der er den Präsidenten zum Rückzug aus dem Wahlkampf aufforderte. Biden weigerte sich, bis der Druck drei Wochen nach seinem katastrophalen Auftritt an der ersten Präsidentendebatte zu groß wurde.
Da war es zu spät, seine Erbin Kamala Harris konnte das Rennen kaum mehr gewinnen. Die Schuld daran weisen Tapper und Thompson in erster Linie Biden zu, der an Selbstüberschätzung gelitten habe, sowie seiner Frau Jill Biden und einem engen Kreis von Vertrauten. Sie hätten den Präsidenten von der Außenwelt abgeschirmt und seinen wahren Zustand vor der Welt verborgen. Biden widersprach dieser Darstellung jüngst in Fernsehinterviews, mit denen er eben erst sein Schweigen nach dem Abschied aus dem Weißen Haus beendet hatte.
Nun vermuten Trump-Anhänger auch hinter Bidens Prostata-Diagnose eine Vertuschungsaktion. „Das ist der gefährlichste Cover-up in der Geschichte der Präsidentschaft“, schrieb etwa der Rechtsaußen-Influencer Benny Johnson auf X. „Wollt ihr mir weismachen, dass die besten Ärzte und Testverfahren auf der Welt Bidens Krebs in all diesen Jahren nicht fanden? War jeder medizinische Bericht erlogen? Wie lange schon?“, schrieb Johnson, der selbst in der Vergangenheit von russischen Agenten Geld für Videobeiträge erhielt. Bis ein Prostata-Krebs Ableger in den Knochen bildet, vergehen oft mehrere Jahre, aggressivere Varianten können indes auch sehr viel schneller um sich greifen.
Auch bei Trump zeigen sich offenbar Folgen seines Alters
Die Debatte holt allerdings auch Donald Trump ein. Biden war der älteste Präsident in der Geschichte der Vereinigten Staaten, als er am 20. Januar mit 81 Altersjahren aus dem Amt schied. Sein Vorgänger und Nachfolger Trump wird am Ende der zweiten Amtszeit noch einmal fünf Monate älter sein. Trump, knapp vor seinem 79. Geburtstag, wirkt körperlich stärker als Biden. Seine Redeschwälle, gespickt mit Fehlern, Halb- und Unwahrheiten sowie allerlei Hirngespinsten, deuten aber täglich von Neuem darauf hin, dass das Alter auch an ihm nicht spurlos vorbeigeht.
Larry Sabato, Direktor des Center for Politics an der Universität von Virginia, sagte dem Wall Street Journal: „Wir sollten daraus die Lehre ziehen, dass wir jüngere Leute in ihren Fünfzigern und Sechzigern wählen.“
Für Biden ist die Krebsdiagnose eine Fortschreibung seiner Familientragödie. 2015 starb sein Sohn Beau, von dem er sagte, er sei wie sein rechter Arm gewesen, an den Folgen eines aggressiven Hirntumors. Biden erwähnte das Leiden seines Sohns regelmäßig. 2023, als er von Sonderermittler Hur interviewt wurde, wollte ihm jedoch nicht einfallen, in welchem Jahr sein Sohn gestorben war. Biden versuchte danach noch, Milliarden in die Erforschung neuartiger Heilungsmethoden zu investieren, um die Sterberate zu halbieren. Der Kongress verweigerte ihm 2024 die Mittel dafür.