Nach UN-Angaben hat Israel die Durchfahrt von 100 weiteren Lkw mit Hilfslieferungen in den Gazastreifen erlaubt. Die Angriffe der israelischen Armee auf Ziele in dem abgeriegelten Küstenstreifen gehen unvermindert weiter.
Die ersten Lastwagen mit dringend benötigten Hilfsgütern konnten am Montag in den Gazastreifen, nun erlaubt Israel offenbar die Durchfahrt von 100 weitere Lkw in den abgeriegelten Küstenstreifen. Israel habe die Zusage gegeben, teilten die UN mit. I
Man hoffe, dass sie noch heute oder am Mittwoch abgefertigt werden, sagte der Sprecher des UN-Nothilfebüros OCHA in Genf, Jens Laerke. An Bord sei unter anderem Babynahrung. „Dort gibt es Babys, die dies zum Überleben brauchen“, sagte Laerke. „Wenn sie diese Nahrung nicht bekommen, sind sie in Lebensgefahr.“
Insgesamt sollen im Laufe des Tages Dutzende Lastwagen mit Hilfsgütern das Gebiet erreichen, wie ein Sprecher des israelischen Außenministeriums der Nachrichtenangentur dpa mitteilte.
Drei Monate Blockade
Fast drei Monate hatte Israel alle Hilfslieferungen für die notleidende Bevölkerung im Gazastreifen blockiert. Erst auf Druck seiner engsten Verbündeten lenkte die Regierung von Ministerpräsident Netanjahu ein. Dies sei zur Sicherung der internationalen Unterstützung wichtig, sagte Netanjahu zuvor.
Warnung vor Hungersnot
Die UN und Hilfsorganisationen warnen vor einer Hungersnot in dem abgeriegelten Küstenstreifen; die Appelle an Israel wurden zuletzt immer vehementer. Während der Feuerpause Anfang des Jahres waren jeden Tag bis zu 600 Lastwagen mit Hilfsgütern über die Grenze in den Gazastreifen gefahren.
Israel wirft der Terrormiliz Hamas vor, die Hilfsgüter gewinnbringend weiterzuverkaufen, um ihre Waffen zu finanzieren. Angenommen wurde außerdem, dass Israel mit dieser Blockade den Druck auf die Hamas erhöhen wollte.
Gespräche über Kriegsende kommen nicht voran
Bei den Gesprächen in Katar zur Beendigung des Gaza-Kriegs gibt es offenbar kaum Fortschritte. Bereits seit Monaten geht es zwischen Israel und der Terrororganisation Hamas bei den indirekten Verhandlungen nicht voran. Auch die jüngsten Gespräche nach dem Start der jüngsten Offensive waren nicht erfolgreich. „Die Gesprächsrunden der vergangenen Wochen haben uns leider nirgendwohin geführt“, sagte der katarische Außenminister Mohammed bin Abdulrahman al-Thani bei einem Wirtschaftsforum in Doha. Es gebe eine „grundlegende Lücke“ zwischen den beiden Konfliktparteien.
Der israelische TV-Sender Kan berichtete unterdessen, Netanjahu erwäge, die israelische Delegation aus Doha noch am heutigen Dienstag abzuziehen. Sollte es keine Fortschritte bei den Verhandlungen geben, würde er das Team zurückschicken. Offizielle Angaben von Netanjahus Büro gab es zu dem Bericht bislang nicht.
Kämpfe gehen unvermindert weiter
Unterdessen gehen die Angriffe der israelischen Armee im Gazastreifen unvermindert weiter. Nach palästinensischen Angaben sind seit der Nacht mindestens 60 Menschen in dem umkämpften Küstengebiet bei Angriffen Israels getötet worden.
Israels Militär habe in verschiedenen Gebieten des Gazastreifens Angriffe geflogen, teilte die palästinensische Nachrichtenagentur Wafa mit. Zwölf Menschen sind dem Bericht zufolge in der Stadt Deir al-Balah im Zentrum des Gazastreifens getötet worden. Weitere Tote habe es in Chan Junis im Süden des Küstengebiets, in Nuseirat sowie in der Nähe der Stadt Gaza gegeben, meldete Wafa unter Berufung auf medizinische Kreise im Gazastreifen. Die Angaben ließen sich nicht unabhängig überprüfen.
Israels Armee erklärte, im Laufe des vergangenen Tages mehr als 100 Ziele im gesamten Gazastreifen angegriffen zu haben. Das Militär sprach von „Terrorzielen“. Darunter seien Waffenlager sowie von Terroristen genutzte Militäreinrichtungen gewesen. Auch unterirdische Infrastruktur sowie Beobachtungseinrichtungen seien angegriffen worden, hieß es. Auch diese Angaben ließen sich nicht unabhängig überprüfen.
Dutzende Tote täglich seit neuer Offensive
Seit Tagen fliegt die israelische Luftwaffe massive Angriffe auf Ziele im Gazastreifen. Inzwischen sind dort auch Bodentruppen im Einsatz. In den vergangenen Tagen waren aus dem Küstengebiet täglich Dutzende Tote gemeldet worden.
Das erklärte Ziel der israelischen Regierung ist es, die islamistische Terrororganisation Hamas vollends zu zerschlagen sowie die von Extremisten noch immer festgehaltenen Geiseln zu befreien. Der israelische Ministerpräsident Netanjahu bestätigte zudem öffentlich Pläne, dass seine Regierung die Einnahme des gesamten Gazastreifens verfolgt.
Internationale Kritik nimmt zu
Im Zuge der Offensive mit dem Namen „Gideon’s Chariots“ nimmt die internationale Kritik an dem Vorgehen Israels weiter zu. Die Staats- und Regierungschefs von Frankreich, Großbritannien und Kanada etwa hatten Israels Vorgehen im Gazastreifen als „völlig unverhältnismäßige“ Eskalation kritisiert und mit „gezielten Sanktionen“ gedroht.
Die britische Regierung kündigte wegen der israelischen Militäroffensive im Gazastreifen die Aussetzung neuer Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen mit Israel an. Zudem würden neue Sanktionen verhängt, die sich gegen israelische Siedlungen im Westjordanland richteten.