Der proeuropäische Bürgermeister von Bukarest, Nicușor Dan, wird neuer Staatspräsident Rumäniens. Nach Auszählung der Stimmen in mehr als 98 Prozent der Wahllokale lag er uneinholbar vor dem ultrarechten Kandidaten George Simion in Führung. Dan erreichte rund 54 Prozent der Stimmen, wie das Zentrale Wahlbüro in Bukarest mitteilte.
Auch Nachwahlbefragungen
zweier Meinungsforschungsinstitute hatten Dan auf Platz eins gesehen. Wann das Endergebnis vorliegt, ist noch unklar. In der ersten Runde der
Präsidentenwahl Anfang Mai hatte es am Morgen danach festgestanden.
Nach Veröffentlichung der Prognosen sagte Dan, dass die rumänische Gesellschaft eine beeindruckende Stärke gezeigt habe. Er sprach von einem „Sieg einer Gemeinschaft von Rumänen, die sich nach einem tiefgreifenden Wandel sehnen“. Dan fügte hinzu: „Lasst uns diesen Abend genießen und ab morgen Rumänien wieder aufbauen.“
Simion erklärte sich zunächst ebenfalls zum Sieger, räumte später jedoch seine Niederlage ein: „Ich möchte meinem Gegner, Nicușor Dan, gratulieren“, sagte Simion in einem auf Facebook veröffentlichten Video. „Er hat die Wahl gewonnen, und das war der Wille des rumänischen Volkes.“
Simion war als Favorit in die Stichwahl der wiederholten Präsidentenwahl gegangen. Dan hatte in
den vergangenen Wochen in Umfragen zumeist hinter ihm gelegen.
Wahl gilt als richtungsentscheidend
Im Laufe des Wahltags sagte Simion, er habe gegen die „Demütigungen
gestimmt, denen unsere Schwestern und Brüder ausgesetzt sind“. „Wir
haben gegen Missstände und gegen Armut gestimmt. Wir haben gegen
diejenigen gestimmt, die auf uns alle herabsehen“, sagte er. „Ich habe
dafür gestimmt, dass unsere Zukunft nur von Rumänen, für Rumänen und Rumänien
entschieden wird.“ Falls die Wahl frei und fair sei, werde er einen
Erdrutschsieg erringen.
Nach der Stimmabgabe sagte Dan
Reportern, er habe für die Rumänen gestimmt, die ruhig, ehrlich und
fleißig seien und sich schon lange nicht mehr vertreten fühlten. Er
wolle Zusammenarbeit mit den europäischen Partnern und keine Isolation.
„Ich habe für einen Wandel gestimmt, der Wohlstand bringt, und nicht für
einen, der Instabilität bringt und Investitionen in Rumänien abschreckt“, sagte Dan.
Die Wahl galt als richtungsentscheidend – auch mit
Blick auf den russischen Angriffskrieg gegen die benachbarte Ukraine.
Simion sieht Unterstützung für die Ukraine kritisch. Er setzt sich für eine Wiedervereinigung mit
der Republik Moldau ein, die die Sowjetunion 1940 mit Billigung
Hitlerdeutschlands besetzt hatte.
Dan vertritt bei der Frage der Ukrainehilfen die
Position der EU. Der 55-jährige Dan ist Mathematiker und ein
früherer Antikorruptionsaktivist. Er war mit dem Versprechen angetreten, die
grassierende Korruption zu bekämpfen und Rumänien fest in Europa
zu halten.