Verteidigung
„Golden Dome“: Wie real ist Trumps Traum von der Weltraum-Abwehr?
US-Präsident Trump stellte die Golden Dome-Pläne Anfang der Woche im Weißen Haus vor.
© CNP/AdMedia / IMAGO
Gibt es einen Schutz vor Atomraketen? Die USA wollen es versuchen: Golden Dome heißt das von US-Präsident Trump gestartete Projekt, in dem der Weltraum eine wichtige Rolle spielen soll
Bereits in den 1980er Jahren träumte ein US-Präsident von einer Abwehr gegen Atomraketen. Die als „Star Wars“ belächelte Idee von Ronald Reagan scheiterte jedoch. Jetzt startet US-Präsident Donald Trump einen neuen Versuch: Golden Dome. Das Konzept lehnt sich sprachlich an das robuste israelische Abwehrsystem Iron Dome an. Doch die USA sind im Vergleich zu Israel riesig und deutlich schwieriger gegen Raketen zu verteidigen als das kleine Israel. Wie soll das System also funktionieren?
Zunächst: Was möchten die USA eigentlich abwehren? US-Verteidigungsminister Pete Hegseth sagte, dass der geplante Schutzschild „das Heimatland vor Marschflugkörpern, ballistischen Raketen, Hyperschallraketen und Drohnen“ schützen solle – unabhängig davon, ob es sich um konventionelle oder nukleare Raketen handelt.
Bisheriges System zu klein
Die USA haben bereits ein System zur Abwehr von ballistischen Raketen im Einsatz: Es besteht aus etwas über 40 Abfangraketen, die feindliche Raketen während ihrer Flugphase im Weltraum rammen und zerstören sollen. Die meisten Abfangraketen sind in Alaska stationiert, vier in Kalifornien. Das System dient primär der Abschreckung gegenüber Nordkorea. Dazu kommen weitere US-Raketenabwehrsysteme auf Schiffen und zu Land, welche Raketen abfangen, die bereits kurz vor dem Ziel sind. Gegen die riesigen Raketen-Arsenale von China und Russland wären die bisherigen Systeme aber weitgehend wirkungslos.
Was soll nun anders werden? Viele Details zum Golden Dome gab die US-Regierung bisher nicht bekannt. Doch offenbar soll eine neue Komponente eine wichtige Rolle spielen: der Weltraum. Von dort aus sollen Satelliten im Ernstfall Starts und Flugbahnen von angreifenden Raketen erfassen und überwachen. In Trumps Executive Order aus dem Januar ist auch von weltraumgestützten Abfangraketen die Rede. Bereits in seiner ersten Amtszeit gab es Überlegungen und Konzepte in dieser Richtung.
Golden Dome-Pläne kursieren schon länger
In einer Analyse des Pentagon aus dem Jahr 2019 wird bereits eine Weltraum-Raketenabwehr thematisiert. Diese sei gegenüber landbasierten Systemen „effektiver, widerstandsfähiger und anpassungsfähiger gegenüber bekannten und unerwarteten Bedrohungen“, heißt es darin. Weltraumgestützte Sensoren könnten Raketenstarts von fast jedem Ort der Welt erkennen und „von der Geburt bis zum Tod“ verfolgen.
Im Weltraum stationierte Abfangraketen könnten feindliche Raketen bereits kurz nach dem Start bekämpfen, heißt es in dem Pentagon-Papier. Denn in dieser Phase seien Raketen am verwundbarsten und könnten keine Gegenmaßnahmen treffen. Dazu zählen in späteren Flugphasen etwa Ausweichmanöver oder das Aussetzen von Täuschkörpern. Mithilfe von Weltraumwaffen könnten Interkontinentalraketen bereits über dem Gebiet des Angreifers zerstört werden, so der Bericht. Fazit: „Die Stationierung im Weltraum könnte die Gesamtwahrscheinlichkeit eines erfolgreichen Abfangens offensiver Raketen erhöhen.“
Konzepte mit Hunderten Satelliten
Das Weltraumunternehmen SpaceX soll zusammen mit Partnern der US-Regierung ein Konzept für den Golden Dome vorgelegt haben, berichtete Reuters Mitte April. Dieses umfasst demnach 400 bis mehr als 1000 Überwachungs-Satelliten und 200 mit Raketen und Lasern ausgestattete Angriffs-Satelliten. Allerdings hatte SpaceX-Chef Elon Musk auf X ein solches Angebot später dementiert.
Das Beratungsunternehmen Booz Allen Hamilton hatte im März ein alternatives System mit 2000 Abwehrsatelliten vorgestellt. Diese Satelliten sollen sowohl als Sensoren als auch als Abfangjäger fungieren. Wenn die Satelliten den Start einer Rakete erkennen, sollen andere, die sich in der Nähe befinden, losfliegen, um eine anfliegende Rakete zu zerstören.
Kosten im mehrstelligen Milliardenbereich
Was in den 1980er Jahren noch als zu teuer galt, scheint heute machbar zu sein: SpaceX hat bereits 7000 Starlink-Satelliten ins All transportiert. Grund sind die in den vergangenen Jahren gesunkenen Kosten von Weltraumstarts. Dennoch dürfte der Golden Dome teuer werden: Nach Trumps Worten wird das Projekt rund 175 Milliarden Dollar kosten. Eine Einschätzung des für den US-Kongress arbeitenden Budget Office geht von bis zu 542 Milliarden Dollar aus.
In rund drei Jahren soll der „Raketenabwehrschild der nächsten Generation“ laut Trump einsatzbereit sein. Ob dieser Zeitplan eingehalten werden kann, wird sich zeigen. Das System dürfte eine gewaltige logistische und finanzielle Herausforderung darstellen. Unklar ist zudem, wie China und Russland darauf reagieren. Kritiker befürchten bereits ein neues Wettrüsten – diesmal auch im All.
Der Beitrag ist zuerst bei ntv.de erschienen. Das Nachrichtenportal gehört wie Capital zu RTL Deutschland.