Die wahren Rheinland-Experten kommen nicht von hier. Sie haben durch Zugucken und Zuhören aufgenommen, wie die Hiesigen sich verhalten und daraus abgeleitet, was ihrer Meinung nach Rheinisch ist. So hat sich das Rheinische Grundgesetz verselbständigt, werden Aussagen wie „Et hätt noch emmer jood jejange“ entweder als Ausdruck einer defätistischen Grundhaltung klassifiziert (scheiß-ejal-Mentalität) oder als Gute-Hoffnung-Lüge (der leeve Joott määkt dat schon) abgetan.
Richtig aber ist, dass solch klare Einstufungen von Aussagen und Ansichten im Rheinischen keinesfalls hinterlegt sind. Konrad Beikircher, selbst ernannter Rheinsprachkundler mit
Südtirol-Wurzeln, hat das erkannt und ersetzt die fehlende
Selbsteinschätzung der Einheimischen durch Deutungen des Außenstehenden. Und den Rheinländern gefällt es.
Überhaupt sind die Menschen hierzulande gar nicht böse, wenn ihnen andere (Klassifizierung frei nach Obelix: ich habe nichts gegen Fremde, aber diese Fremden sind nicht von hier) sagen, was sie meinen. Heißt es nämlich „Dat es enne drietjode Keel“ könnten Uneingeweihte vermuten, das sei abwertend gemeint. Mein Großvater mütterlicherseits, Brandmeister und Schützenpräsident, wurde so tituliert. Und die das sagten, lobten ihn: zu gut für diese Welt. Das rheinische Schlitzohr Nik Ebert, Karikaturist der „Rheinischen Post“, stammt aus Oberschlesien und hat in Rheydt das Lachen gelernt und damit das rheinische Biotop als inspirierende Heimat angenommen. Ebert, jüngst mit dem Rheinlandtaler ausgezeichnet, zitiert am liebsten den Niederrheiner Hanns Dieter Hüsch: „Wer weiß, wofür et juut ist.“ Der Rheinländer sagt: „De Hauptsach ess, et Hätz es jood.“
Das allein zeichnet Herzens-Rheinländer aus: ihr Drang nach Frieden und Freiheit. Wo sie geboren sind, spielt keine Rolle. Zuhause zu sein, ist Gefühlssache. Denn der rheinische Viel-Völker-Mix (Bläck Fööss: „So sind wir all hierhin jekomme“) funktioniert seit den Römern, weil alle wissen: Jeder Jeck ist anders. Das zu erklären, macht keinen Sinn: Dat ess Wasser en der Ring jedraje.