Vom Fluss bis zum Meer ist die angesagteste Parole, aber kurz danach kommt schon „Globalize Intifada“, „globalisiert die Intifada“. Das schrien privilegierte Studenten auf amerikanischen Universität-Campussen, das krakeelten Demonstranten auf den Straßen von New York, London und Amsterdam. Und, ja, auch in Berlin hat man die Parolen schon vielfach gehört und gesehen – etwa auf Aufklebern, die an einigen Stellen auftauchten. Intifada, das hat der ein oder anderen womöglich noch gegoogelt, ist der arabische Begriff für Revolution oder Aufstand. Intifada ist aber vor allem mit der zweiten Intifada assoziiert, und damit mit dem jahrelangen Terror gegen die israelische Zivilbevölkerung, mit dem gezielten Mord an Juden auf den Straßen und in Bussen des Landes. Wer diese Parole brüllt, fordert zu Pogromen gegen Juden auf. In der gesamten Welt.
Ist tatsächlich jemand überrascht, dass, wenn hunderttausendfach dazu aufgerufen wird, den Worten irgendwann Handlungen folgen? Was genau wurde nicht verstanden an den Hilferufen von Studenten, die sich nicht mehr an ihre Universitäten trauten? An Zahlen, die ein exponentielles Ansteigen antisemitischer Übergriffe in den vergangenen Jahren dokumentieren, praktisch überall? Wie zynisch muss man sein, um den kaltblütigen Mord an zwei jungen Menschen vor dem Jüdischen Museum in Washington noch als „Alarmsignal“ zu bezeichnen?
Die Alarmsignale sind seit dem 7. Oktober pausenlos ohrenbetäubend laut, es gibt keine roten Linien mehr, weil längst alle überschritten sind. Nach noch mehr Sicherheitsmaßnahmen zu rufen, ist rituell geworden (wenn auch weiter nötig). Für mehr Sicherheit aber muss auch eine Gesellschaft sorgen, die Hass nicht als eine Meinung toleriert. Antisemitismus, nur zur Erinnerung, ist Hass. Hass, der Menschenleben erst bedroht, dann fordert.
Die sogenannten pro-palästinensischen Proteste waren von Anfang an vor allem: israelfeindlich, oft mit fließenden Übergängen zum Antisemitismus. Trotz profunder Unkenntnis der Geschichte und Situation im Nahen Osten unsägliche Parolen zu wiederholen, hat nichts mit der Forderung nach Frieden zu tun. Das Existenzrecht Israels infrage zu stellen, hat nichts mit der Kritik an einer Regierung zu tun. Die Dämonisierung eines Landes hat auch nichts mit der Kritik an einer Regierung zu tun. Die Verfolgung von Menschen, von Juden in sehr vielen Ländern dieser Welt, weil sie Juden sind, hat ebenfalls nichts mit Regierungskritik zu tun. Es ist nicht schwer, diese Unterschiede zu verstehen. Außer, man hasst.