Dividenden
Warum die Aktien vieler Konzerne nach der Hauptversammlung fallen
Telekom-Chef Tim Höttges spricht auf der Hauptversammlung zu Aktionären
© Marc John / Picture Alliance
Im Frühjahr laden Konzerne ihre Aktionäre zur Hauptversammlung ein – am Tag darauf folgt meist ein plötzlicher Kursrutsch. Welcher Effekt dafür verantwortlich ist
„Prognosen sind schwierig, besonders wenn sie die Zukunft betreffen“, lautet ein oft zitierter Kalauer zum Thema Börse. So liegen Anlage-Experten mit Vorhersagen, etwa zur Entwicklung des deutschen Leitindex Dax, oft weit daneben. Und doch können sich Aktionäre, die vor allem auf hiesige Dividendentitel setzen, einer Sache sicher sein: am Tag nach einer Hauptversammlung schmiert der Kurs ihrer Lieblingsaktie meist ab – ganz gleich, wie positiv die Nachrichtenlage auch ausfällt.
Beispiel Allianz: Der Münchner Versicherungsriese gilt unter Dividendenjägern schon lange als Top-Pick. Seit 2014 hat der Konzern die Dividende im Schnitt um rund zehn Prozent pro Jahr erhöht – und auch in diesem Jahr blieb die Allianz ihrer Linie treu. Bei der Hauptversammlung am 8. Mai wurde die vom Vorstand vorgeschlagene Ausschüttung von 15,40 Euro je Aktie offiziell beschlossen – für viele Anleger ein Grund zur Freude. Dennoch notierte die Allianz-Aktie am darauffolgenden Tag rund fünf Prozent im Minus.
Ähnlich verhält es sich bei anderen deutschen Dividendentiteln: So gaben die Aktien der Deutschen Telekom und Commerzbank nach den jüngsten Hauptversammlungen ebenfalls nach. Auch hier standen keine schlechten Geschäftszahlen oder trübe Aussichten im Vordergrund – im Gegenteil: Die Unternehmen präsentierten solide Bilanzen und bestätigten ihre Dividendenpolitik. Wie also kommen die Kursabschläge zustande?
Fallender Aktienkurs nach der Hauptversammlung – „Ex-Dividenden-Tag“
Dahinter steckt der Effekt des sogenannten Ex-Dividenden-Tags. Am Tag nach einer Hauptversammlung wird die Aktie erstmals „ex Dividende“ gehandelt – das heißt: Wer sie jetzt kauft, hat keinen Anspruch mehr auf die zuvor beschlossene Ausschüttung. Der Kurs der Aktie reduziert sich daher rein rechnerisch um den Betrag der Dividende.
Je nach Umfang der Gewinnausschüttung kann der Abschlag größer oder kleiner ausfallen. In jedem Fall wird diese technische Kursanpassung vom Markt aber nicht als negatives Signal gewertet, sondern ist schlicht ein buchhalterischer Effekt. Er ergibt sich aus dem Abfluss des Gewinnanteils aus der Konzernbilanz.
Manche Anleger mag dieser Rücksetzer dennoch überraschen – vor allem jene, die noch wenig Erfahrungen mit Dividendenaktien haben oder Titel im Depot halten, die zum ersten Mal eine Gewinnausschüttung vornehmen. Wer schon längerfristig auf Dividendentitel setzt, wird sich davon indes kaum aus der Ruhe bringen lassen – und kassiert Jahr für Jahr seine Dividende. Kurzfristige Kursbewegungen spielen für Dividendenjäger ohnehin nur eine untergeordnete Rolle.
„Ex-Dividenden-Tag“: eher ein deutsches Phänomen
Auch unter US-Anlegern sind fallende Kurse nach Dividendenbeschlüssen ein weniger relevantes Thema. Dies hat aber hauptsächlich damit zu tun, dass amerikanische Unternehmen ihre Gewinne meist halbjährlich oder sogar vierteljährlich an Aktionäre ausschütten. Dadurch verteilen sich die Kursabschläge auf mehrere Termine im Jahr, was starke, einmalige Kursreaktionen – wie sie in Deutschland nach der Hauptversammlung üblich sind – deutlich abmildert.
Anders sieht es bei Aktiensplits aus, die eine größere Tradition bei US-Unternehmen haben. Bei dem Verfahren werden bestehende Aktien nach einem bestimmten Verhältnis in mehrere neue Aktien aufgeteilt, meistens, um sie für Kleinanleger günstiger erscheinen zu lassen. Das hat zur Folge, dass der Stückpreis ebenfalls plötzlich deutlich geringer ausfallen kann. Am fundamentalen Wert der Aktie ändert das jedoch nichts. Dies gilt übrigens auch für die Dividendentitel.