Er hat einen maßgeblichen Anteil an Trumps Wahlsieg, ist zu Beginn die dominierende Figur der Präsidentschaft – und plötzlich verschwunden: Tech-Milliardär Elon Musk hat sich aus der Politik zurückgezogen. Die Entfremdung von Trumps Regierung könnte für die Republikaner noch schmerzhaft werden.
Tech-Milliardär Elon Musk war in den ersten Monaten des Jahres kaum zu übersehen: bei US-Präsident Donald Trumps Amtsantritt, im Doppelinterview mit ihm, an Bord der Air Force One, auf Übernachtungsbesuchen im Weißen Haus, mit dem Präsidenten und mehreren Teslas vor dem Weißen Haus – immer war Musk dabei, oft auch zu hören. Musk sei sein Freund, so Trump, er mache einen fantastischen Job und könne so lange im Weißen Haus bleiben, „wie er will“. Aber Musk ist von der Bildfläche verschwunden.
Sein Rückzug aus der politischen Öffentlichkeit hatte sich angedeutet. Musks Beratertätigkeit ist laut Gesetz auf 130 Tage begrenzt. Schon Ende März berichteten US-Medien, Musk werde sich aus den Regierungsgeschäften zurückziehen. Das Weiße Haus dementierte. Rund einen Monat später verkündete Musk, er wolle sich wieder auf seine Firmen konzentrieren. Trump kommentierte: „Wir müssen ihn an einem bestimmten Punkt gehen lassen.“ Er habe mit diesem Zeitpunkt gerechnet.
Damals sagte Musk, er würde gern weiter „ein oder zwei Tage“ pro Woche für die Regierung arbeiten. Seitdem ist ein weiterer Monat vergangen. Falls Musk noch mitmischt, dann leise – ohne große Bühne, ohne Auftritte im Weißen Haus, ohne Medienecho.
Seit Anfang April hat Trump seinen „Freund“ nicht mehr in seinen Posts auf Truth Social erwähnt – kein einziges Mal. Zuvor tat er das teils mehrmals täglich. Laut dem Magazin „Politico“ ist Musks Name aus Trumps Spendermails und aus Newslettern vieler republikanischer Abgeordneter verschwunden.
„Warnschuss“ gegen Musk
Lange war Musk eine Überfigur im republikanischen Lager: der reichste Mann der Welt, Eigentümer eines einflussreichen Online-Netzwerks, wo er selbst gigantische Reichweite erzielt. Auf X folgen Musk über 200 Millionen Menschen. Viele verehren ihn als Genie, Macher, Vordenker. Als er sich für Trump in den Wahlkampf warf, mit all seinem ökonomischen und medialen Gewicht, schien das Pendel in Richtung Republikaner auszuschlagen. Musk verstand das Spiel mit Trumps Publikum. Musk war MAGA-tauglich, seine Auftritte oft ähnlich schräg und impulsiv wie die Trumps.
Dass die Luft zu entweichen begann aus der Überfigur Musk, das wurde zum ersten Mal am 2. April deutlich: Im Bundesstaat Wisconsin verlor der republikanische Kandidat eine Richterwahl – obwohl Musk Millionen Dollar in den Wahlkampf gepumpt hatte. Oder womöglich gerade deshalb.
Den Demokraten war es gelungen, die Wahl auf Musk zuzuspitzen: jede Stimme für ihre Kandidatin eine Stimme gegen Musk. Die Wahl wurde zur Abstimmung über die harten Einschnitte und Entlassungen, mit denen Musks Effizienztruppe DOGE zuvor Schlagzeilen gemacht hatte. Musk verlor die Abstimmung – die Demokraten triumphierten. Ihr Minderheitsführer im Senat sprach von einem „Warnschuss“ des Volkes. Einer, der wohl auch bei den Republikanern und im Trump-Lager nachhallte.
Musks bekommt Grenzen aufgezeigt
Musks Unbeliebtheit war auch zuvor kein Geheimnis gewesen. Sie offenbarte sich bei Demonstrationen und Tesla-Boykottaufrufen. Sie brach sich Bahn, mit Sprühdosen, Schusswaffen und Molotowcocktails: In verschiedenen Landesteilen gab es Angriffe auf Ladestationen, Fahrzeuge und Filialen von Musks Autofirma. Die Richterwahl in Wisconsin aber zeigte Demokraten wie Republikanern, dass Musks Unbeliebtheit sich politisch nutzen ließ, dass sie eine Gefahr für Trumps Bewegung war.
In den Wochen nach Wisconsin bekam Musk immer wieder die Grenzen seiner Macht zu spüren. Mitte April etwa wurde Musks Kandidat auf dem Chefposten der Steuerbehörde IRS nach nur wenigen Tagen wieder abgesetzt. Finanzminister Scott Bessent war Medienberichten zufolge entsetzt gewesen, dass Musk die Berufung an ihm vorbei bei Trump durchgesetzt hatte. Die Website Axios berichtete, Musk und Bessent hätten sich deswegen so heftig gestritten, dass ein Mitarbeiter habe dazwischen gehen müssen. Die Sprecherin des Weißen Hauses, Karoline Leavitt, bestritt die Darstellung nicht.
Ein zweites Beispiel: Als er verkündete, sich wieder stärker auf Tesla und SpaceX konzentrieren zu wollen, konnte sich Musk nicht verkneifen, Trumps Zollstrategie zu kommentieren: Er sei nur einer von vielen Beratern, „nicht der Präsident“. Er habe seine Position dargelegt, Trump habe dann die Entscheidung getroffen. „Ich hoffe, dass der Präsident beobachten wird, ob meine Vorhersagen richtiger waren als die Vorhersagen anderer – und vielleicht meinem Rat in Zukunft anderes Gewicht beimessen wird“, sagte Musk.
Millionen für SpaceX, Lizenzen für Starlink
Würden sie gefragt, sprächen die meisten Republikaner noch immer wohlwollend über Musk, schreibt das US-Politmagazin „Politico“. Natürlich kann der Milliardär ihnen nicht egal sein: Rund 300 Millionen Dollar Wahlkampfhilfe leistete er Trump und vielen anderen Republikanern laut Recherchen der „Washington Post“ vergangenes Jahr.
Musks Reichtum wäre ohne staatliche Zuwendungen nicht denkbar: ohne Aufträge, Kredite, Subventionen und Steuernachlässe. Laut Recherchen der „Washington Post“ flossen in den vergangenen Jahren 38 Millionen Dollar in Musks Firmen – zwei Drittel davon in den vergangenen fünf Jahren unter Präsident Joe Biden. Hauptempfänger ist das Raumfahrtunternehmen SpaceX. Weil in diesem Bereich Verträge teils geheim bleiben, dürfte hier noch mehr Geld geflossen sein, als öffentlich bekannt ist. Die Zahlen zeigen: Musk ist wirtschaftlich eng mit der US-Regierung verflochten. Dass aber Tesla und SpaceX übermäßig von seiner Nähe zur Regierung profitiert hätten, lässt sich bisher nicht belegen – auch, weil viele Details geheim bleiben.
Klarer ist die Lage bei Musk Satelliteninternet-Anbieter Starlink: Drei demokratische Senatorinnen und Senatoren beklagten in einem Brief an Justizministerin Pam Bondi, Trumps Regierung nutze ihre Macht in Zollverhandlungen mit einigen Ländern, um Starlink Vorteile zu verschaffen. Und tatsächlich erhielt Starlink in den vergangenen Monaten Lizenzen von einer Reihe Staaten, nachdem die USA diesen mit hohen Zöllen gedroht hatten.
Musk: Habe genug getan
Inwiefern Tesla von Musks Regierungstätigkeit profitiert, bleibt abzuwarten. Offensichtlich ist dagegen, wie sein Engagement dem Unternehmen schadet: Der Kurs von Tesla geriet zeitweise stark unter Druck. Weil der Kauf zur politischen Entscheidung geworden ist und weil Musk von seinen Geschäften abgelenkt schien. Erst nach Musks Rückzug aus dem Regierungsumfeld erholte sich die Aktie. Musk ist weiter der reichste Mann der Welt.
Einen Teil dieses Reichtums hätten die Republikaner gern mit in die Kongresswahl 2026 genommen. Musks Geld, seine Online-Gefolgschaft, sein Einfluss – sie wären das Rückgrat gewesen für eine Wahl, in der traditionell mit der amtierenden Regierung abgerechnet wird. Musk könnte helfen, solange er hinter den Kulissen bleibt. Das scheint die Hoffnung zu sein. „Wenn er im Hintergrund bleibt, macht Elon einen tollen Job“, zitiert „Politico“ dazu David McIntosh, einen republikanischen Vordenker.
Dass Musk aber keine Lust auf ein Dasein als stiller Finanzier hinter den Kulissen hat, machte er zu Wochenbeginn klar: Ob er kommendes Jahr ähnlich viel Geld in Wahlen stecken werde wie vergangenes Jahr, wurde er bei einem Wirtschaftsforum in Doha gefragt. „Viel weniger“, sagte der per Video zugeschaltete Musk. „Im Moment sehe ich keinen Grund dazu“, erklärte er. Er habe genug getan.