Hamburg muss in den kommenden Jahren mit etwas weniger Steuereinnahmen auskommen als noch im November prognostiziert. Da die damalige Schätzung aber schon im Vergleich zu Vorjahren extrem niedrig war, hofft man in der Hansestadt auf einen Aufschwung der Wirtschaft.
Es hätte schlimmer kommen können. Die Konjunktur in Deutschland ist weiter in einer Phase der Rezession, der Krieg in der Ukraine hält an und im Vergleich zur vergangenen Steuerschätzung im November haben die USA eine neue Zollpolitik, die viele starke Exportbranchen in Deutschland und damit auch in Hamburg hart trifft. In Anbetracht dieser Lage fällt die Hamburger Mai-Steuerschätzung, die Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) am Dienstag im Rathaus vorstellte noch gut aus. So jedenfalls machte es Dressel deutlich.
Im laufenden Jahr darf die Hansestadt noch auf Mehreinnahmen im Vergleich zur Novemberschätzung von rund 131 Millionen Euro hoffen. Ab 2026 trübt sich die Prognose dann jedoch ein, die summierten Mindereinnahmen von 51 Millionen Euro sind im Vergleich zu den erwarteten Steuereinnahmen von rund 16 Milliarden Euro im Jahr 20025 und erwarteten 17,6 Milliarden Euro im Jahr 2029 aber doch eher gering.
Der Finanzsenator nannte die erwarteten Steuerrückgänge als nicht sonderlich gravierend. „Das ist alles in einer für Steuerschätzer vertretbaren Schwankungsbreite.“ Deshalb müsse Hamburg seine bereits gemachten Finanzplanungen nicht über den Haufen werfen.
Was der Blick auf die aktuellen Vergleiche mit der Prognose aus dem November allerdings nicht zeigt, ist das Verhältnis der Einnahmen zu den geplanten Ausgaben der Stadt. Diese richten sich nämlich nach dem langjährigen Steuertrend. Ex-Bundeskanzler Olaf Scholz hatte diesen nach der Übernahme des Hamburger Bürgermeisteramtes im Jahr 2011 eingeführt. Die Ausgaben der Stadt sollten sich an einem langfristigen Trend orientieren, nicht an der aktuellen Kassenlage.
Dieser langfristige Steuertrend würde für das Jahr 2025, für das der Haushalt auch bereits aufgestellt ist, Einnahmen von 16,8 Milliarden vorsehen, bis zum Jahr 2029 würden diese Einnahmen auf 21,1 Milliarden Euro anwachsen. Nach der aktuellen Steuerschätzung kann Hamburg womöglich aber nur mit den schon genannten 17,6 Milliarden Euro rechnen.
Nach der aktuellen Steuerschätzung wird die Stadt also bis zu 3,6 Milliarden Euro weniger einnehmen als sie laut Haushaltsordnung ausgeben darf. Bis ins Jahr 2028 sind bereits jährlich hohe Entnahmen aus der dafür angelegten „Konjunkturposition“ vorgesehen. Die wurde zwar in guten Jahren angefüllt. Von 2015 bis 2024 zahlte die Stadt 6,42 Milliarden Euro auf das virtuelle Konjunkturkonto ein. Bis 2029 wüchse der Bedarf auf Entnahmen aber auf insgesamt 11,4 Milliarden Euro an, wenn es bei den niedrig prognostizierten Einnahmen aus der aktuellen Steuerschätzung bliebe.
Dressel zeigte sich allerdings weniger besorgt als anpackend. „Wir müssen alles dafür tun in Deutschland, dass die Konjunktur wieder in Fahrt kommt“, erklärte er. Es gelte Wirtschaftswachstum in einer Größenordnung zu genieren, um wieder an „die positiven Konjunkturdaten, die wir hatten“ anzuknüpfen. Ein solches Wirtschaftswachstum würde sich dann auch „auf der Einnahmeseite bemerkbar machen“.
In diesem Punkt war sich Dressel mit dem haushaltspolitischen Sprecher der CDU-Fraktion Thilo Kleibauer einig. Der betonte, es sei „jetzt ganz wichtig, dass auf Bundesebene und auch in Hamburg jetzt zügig die richtigen Maßnahmen für eine wirtschaftspolitische Trendwende eingeleitet werden.“ Die vorhandenen finanziellen Spielräume müssten für“ wirksame Entlastungen und für Investitionen in die Infrastruktur genutzt werden. Nur eine Rückkehr zu Wirtschaftswachstum sichert den finanziellen Handlungsspielraum des Staates.“
Investitionen versprach Dressel indes auch. Man werde die neuen Möglichkeiten der überarbeiteten Schuldenbremse für Hamburg nutzen und bis zu 409 Millionen Euro zusätzlich in Hamburger Projekte einbringen. Als Beispiele nannte Dressel etwa große Bauvorhaben wie die Science-City Bahrenfeld oder Oberbillwerder, für die die Stadt die Infrastruktur herstellen müsse, damit im Anschluss private Investoren dort bauen könnten.
„Hamburg muss in den nächsten Jahren den Wirtschaftsmotor ankurbeln und die Trendwende einleiten“, erklärte auch der haushaltspolitische Sprecher der AfD Thomas Reich. Vor allem in die Infrastruktur sein „kräftige Investitionen“ notwendig.
Gleichzeitg, das forderte auch Kleibauer von der CDU, müsse der Rotstift dort angesetzt werden, „wo die Ausgaben immer weiter steigen – Hamburg muss die Haushaltsmittel effizienter einsetzen“, so Reich.
Gänzlich anders sieht es offenbar die Linksfraktion. Deren Hauhaltsexpertin Xenija Melnik, forderte mehr Geld für die soziale Infrastruktur. “Hamburg steht wirtschaftlich besser da als der Bund – die elendige Sparpolitik und die strikte Ausgabendisziplin müssen enden. Es ist genug Geld da – was fehlt, ist der politische Wille, die Einnahmen für mehr soziale Gerechtigkeit und eine solidarische Stadtentwicklung einzusetzen“, sagte Melnik.