Für Bayerns Universitäten und das Wissenschaftsministerium dürfte Bonn, die pittoresk-verschlafene Stadt am Rhein, gerade der Nabel der Welt sein. Zwar ist die Bundesregierung schon vor mehr als 20 Jahren nach Berlin gezogen, aber in Bonn entscheidet in diesen Tagen die Exzellenzkommission aus Wissenschaftlern und den zuständigen Ministern der Länder sowie des Bundes über Hunderte Millionen Euro, über Renommee und über die Frage, ob es endlich reicht für weitere Universitäten in Bayern.
Bundesweit gibt es momentan 57 Cluster, die mit Millionensummen gefördert werden. Am Donnerstag wird bekannt gegeben, welche neuen und alten Cluster von 2026 an insgesamt 687 Millionen Euro pro Jahr bekommen, und zwar sieben Jahre lang. Der Bund übernimmt 75 Prozent davon, die Länder tragen den Rest. Und diese Cluster – das sind Forschungsbereiche, in denen eine Universität besonders erfolgreich ist – sind die Vorstufe zum heiß begehrten Titel „Exzellenzuniversität“.
Wer sich so nennen darf, ist im Wettbewerb um die besten Forscher und Studierenden den anderen Unis ein Schrittchen voraus. Fakt ist auch, dass Exzellenzuniversitäten in den zahllosen Rankings häufig besser abschneiden. Ob das am Titel liegt oder an wissenschaftlichen Erfolgen, die den Titel möglich machen, sei dahingestellt.
Welche vier neuen Unis in Deutschland diesen Titel von 2027 an führen dürfen, entscheidet sich dabei erst im kommenden Jahr. Insgesamt gibt es derzeit zehn Exzellenz-Universitäten und die Berliner Unis als Verbund. In Bayern gibt es bisher zwei, die Technische Uni und die Ludwig-Maximilians-Universität, beide sind in München.
Dass es nie klappte mit dem Titel kratzt durchaus am Ego der anderen Uni-Präsidenten. Und am Ego der bayerischen Staatsregierung, schließlich ist man dort doch sehr davon überzeugt, alles richtig zu machen, in Bildungs- und Wissenschaftspolitik. Das zeigt nicht zuletzt der Griff nach dem Bundesforschungsministerium. Dorothee Bär (CSU) soll die bayerischen Ideen nun für ganz Deutschland umsetzen. Und Bayerns Wissenschaftsminister Markus Blume (CSU) hatte schon in seiner ersten Regierungserklärung im Landtag 2023 angekündigt, „mindestens“ eine weitere Exzellenzuni für Bayern haben zu wollen, am liebsten in Nordbayern.

:Söders Verbötchen
Die Republik hyperventilierte, als der bayerische Ministerpräsident sein Genderverbot verkündete. Und in der aktuellen Hochwasserlage wundern sich einige, ob die CSU nicht falsche Prioritäten setzt. Bleibt die Frage: Was war das?
Warum es bisher nicht reichte, kann niemand erklären. Wer sich umhört, vernimmt viele Spekulationen. Manche Uni war siegessicher und ließ sich von früheren Exzellenz-Entscheidern coachen. Es half trotzdem nichts. „Es menschelt halt in der Jury“, sagt einer, der mit dem Prozess vertraut ist. Reicht das als Erklärung?
Das (kleinere) Nachbarland Baden-Württemberg, mit dem sich die Staatsregierung – Stichwort Südschiene – auf Augenhöhe sieht, hat vier Exzellenzunis, schön gleichmäßig übers Ländle verteilt. Der Grund dafür? Schulterzucken – an den bayerischen Unis und im Ministerium.
Verstecken müssen sie sich freilich nicht in Erlangen, Regensburg, Würzburg oder Bayreuth. Die Erlanger spielen meist vorne mit im internationalen Forschungszirkus, sind für ihre Medizin und die Materialwissenschaften bekannt. Die Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) ist nach den Münchnern die drittgrößte Uni im Freistaat. Trotzdem fielen in der Vorrunde sieben Cluster-Anträge der FAU durch. Im Finale ist noch das Projekt zur „Transformation der Menschenrechte“. Das Thema ist Schwerpunkt in den Rechts- und Sozialwissenschaften und hat in Nürnberg, der Stadt der NS-Prozesse nach dem Zweiten Weltkrieg, eine besondere Bedeutung. Der Traum vom Titel aber ist für die FAU erst einmal vorbei. Ein Cluster reicht nicht.
Während man auch in Regensburg gespannt wartet, ob das philologische Cluster zur Erforschung vormoderner Texte aus interkultureller Perspektive am Donnerstag zum Zuge kommt, hat die Uni Bayreuth mit ihren Afrikastudien bereits seit 2019 ein Cluster und hofft, dass die Förderung dazu um weitere sieben Jahre verlängert wird. Aber eben nur eines.

:Warum Taylor Swift ohne Social Media kein Megastar wäre
Die Sängerin hat ihren Fans ein eigenes „Taylorverse“ geschaffen, meint Medienwissenschaftler Jörn Glasenapp. Der bekennende „Swiftie“ forscht auch zu Beyoncé. Er sieht einen entscheidenden Unterschied zwischen den Künstlerinnen.
Mindestens zwei Forschungscluster braucht es für den Titel Exzellenzuniversität. Die Julius-Maximilians-Universität in Würzburg ist noch mit zwei Clustern im Rennen und gilt damit als ganz heiße Kandidatin für eine dritte bayerische Exzellenzuniversität. Zudem sind beide Projekte Kooperationen mit anderen Exzellenz-Unis. Mit der TU Dresden erforschen die Würzburger Quantenmaterie und werden seit 2019 mit Exzellenzmitteln gefördert. Neu ist ein Cluster mit den Münchner Universitäten, das sich mit Nukleinsäuren befasst und Therapieansätze für die Biomedizin entwickelt.
Man vernimmt allerlei Raunen dazu und auch die Würzburger sind offenbar so optimistisch, dass sie bereits vier Tage vor der Entscheidung für den Freitag nach der Entscheidung zur Pressekonferenz eingeladen haben. Pro forma, „im Falle eines Erfolgs“, bei „mindestens“ einem Cluster.
Und in München? Offen sagt das niemand, aber anders als im Norden sieht man dem Votum der Bonner Exzellenzkommission entspannter entgegen. Beide Unis sind seit 20 Jahren dabei, verteidigten ihren Titel immer wieder. Die TUM zum Beispiel ist mit sieben Clusteranträgen im Rennen, dass es keiner schafft nach 20 Jahren Dauer-Exzellenz sei doch eher unwahrscheinlich.