Exklusiv
App-Übernahme
„Niemand wird Komoot jemals so lieben wie die Gründer“
Die Outdoor-App ist bei Wanderern und Radfahrern beliebt
© Rüdiger Wölk / IMAGO
Die Übernahme der Potsdamer Outdoor-App Komoot ist in der Gründerszene umstritten. Nun legt mit Bending-Spoons-CEO Luca Ferrari der Käufer erstmals ausführlich seine Pläne dar
Selten hat die Übernahme eines deutschen Start-ups so viele und kontroverse Diskussionen ausgelöst wie der überraschende Verkauf der Potsdamer Outdoor-App Komoot an das Mailänder Tech-Unternehmen Bending Spoons im März. Unter den Millionen Nutzern der unter Wanderern und Radfahrern heißgeliebten Anwendung grassieren seither Befürchtungen, der neue Besitzer könne die App verteuern und weniger in die Qualität investieren.
Ebenfalls kontrovers diskutiert wird das rabiate Durchgreifen der Italiener bei der Betreiberfirma von Komoot. Wie bei früheren Übernahmen – beispielsweise der Notiz-App Evernote und des Filesharing-Diensts Wetransfer – wurden bei Komoot in Rekordzeit und umfassend Stellen abgebaut. Wie die Wirtschaftswoche zuerst berichtete, sollen nur Tage nach Bekanntgabe der Akquisition bereits drei Viertel der Mitarbeiter ihre Kündigung erhalten haben. Die verbliebenen Rollen in der Belegschaft sollen nach Capital-Informationen im Juni und September noch einmal evaluiert werden. Gut möglich, dass dann weitere Entlassungsrunden folgen.
Im Gespräch mit Capital wehrt sich Luca Ferrari, Gründer und CEO von Bending Spoons, nun gegen die Kritik an der Übernahme. Ein neues Management für Komoot könne eine „gute Sache“ sein und eine „frische Perspektive“ liefern, sagte Ferrari. „Komoot hat ein gutes Produkt, einen treuen Kundenstamm und eine starke Marke. Nichtsdestotrotz denken wir, dass es noch Spielraum für Wachstum gibt.“ So seien „ehrgeizige“ Produktverbesserungen geplant genauso wie die Expansion in andere Märkte wie die Vereinigten Staaten.
Wie ein Trainerwechsel im Fußball
Klar sei: „Niemand wird Komoot jemals so sehr lieben wie seine Gründer“, so Ferrari. Trotzdem könne eine neue Führung neue Impulse setzen – wie ein Trainerwechsel im Fußball. „Selbst bei den besten Trainern gibt es einen Punkt, an dem sie denken, ich habe meine Arbeit getan und jemand anderes sollte kommen“, erklärt der Bending-Spoons-CEO. „Weil sie eine neue Perspektive einbringen, können sie den Erfolg weiter in die Zukunft verlängern.“
Gegenüber Capital verteidigt Ferrari zudem das Playbook von Bending Spoons, bei übernommenen Unternehmen radikale Einsparungen vorzunehmen und Stellen abzubauen. „Wir überprüfen immer die Organisation und versuchen, sie so effektiv wie möglich zu gestalten. Und das hat oft mit erheblichen Entlassungen zu tun.“ Allerdings gehe er dabei „nicht leichtfertig“ vor, betont der CEO: „Natürlich führe ich nicht gerne Entlassungen durch. Wer tut das schon?“
Laut Ferrari bekämen entlassene Mitarbeiter zudem „extrem großzügige Abfindungspakete, die weit über das hinausgehen, was auf dem Markt üblich ist“. Das allerdings sehen bei Komoot nicht alle betroffenen Mitarbeiter so. Ein ehemaliges Teammitglied nennt die Summe „nicht ganz mager, aber auch nicht super großzügig“. Komoot-Mitgründer Tobias Hallermann hatte die Abfindungen im Interview mit dem Manager Magazin ebenfalls verteidigt, als „Möglichkeit für eine bewusste Auszeit und berufliche Neuorientierung“.
Komoot-Mitarbeiter nicht „dankbar“ und „verständnisvoll“
Es ist nicht die einzige Aussage Hallermanns, die vielen seiner ehemaligen Mitarbeiter sauer aufstößt. In dem Interview hatte der Komoot-Gründer nämlich außerdem erklärt, es gebe bei den meisten Mitarbeitenden „ein tiefes Verständnis“ für die Verkaufsentscheidung. Neben den Gründern blicke auch die Belegschaft „mit großer Dankbarkeit“ auf die gemeinsame Zeit zurück.
Verständnisvoll und dankbar – das seien nicht unbedingt die richtigen Adjektive, um die Stimmung bei den Ex-Komoot-Leute zu beschreiben, sagt ein ehemaliger Mitarbeiter: „Auch wir haben ihr Baby groß gemacht.“ Und wie der neue Besitzer nun durchgreife, das entspreche „nicht der Firmenkultur“ von Komoot, wo es bislang „familiär und vertrauensvoll“ zugegangen sei. Klar sei aber: Was Bending Spoons da anstelle, „das machen die nicht zum ersten Mal“.
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