Europa, Migration oder Wirtschaft: Bei seinem ersten Italien-Besuch als Kanzler betonen Merz und Gastgeberin Meloni Einigkeit. Und auch beim Thema Ukraine verspricht Merz, Meloni stärker einzubinden.
Es ist ein ungleiches Paar, das da über den Innenhof des Palazzo Chigi schreitet: Der hochgewachsene Bundeskanzler Friedrich Merz und die vergleichsweise kleine italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni.
Aber nach der Begrüßung mit militärischen Ehren hier am Regierungssitz der Ministerpräsidentin, nach den Gesprächen unter Ausschluss der Öffentlichkeit – da zeigen sich die äußerlich so unterschiedlichen Regierungschefs inhaltlich demonstrativ einig.
„Weitgehende Übereinstimmung“
Zu praktisch allen europapolitischen Fragen gebe es eine weitgehende Übereinstimmung, sagt der neue Bundeskanzler: „Wir wollen gemeinsam ein starkes, sicheres und wettbewerbsfähiges Europa. Und ich bin deshalb sehr dankbar, Giorgia, dass wir schon in den ersten Tagen engen Kontakt miteinander aufnehmen konnten.“
Merz zeigt sich auch erfreut über Melonis gutes Verhältnis zu US-Präsident Donald Trump. Sie habe Einfluss und sie sei in Europa eine der wichtigen politischen Führungspersönlichkeiten. Sie sorge dafür, dass Europa eng an der Seite der USA bleibe, so der Bundeskanzler. Italien sei ein unverzichtbarer strategischer Partner, er wünsche sich eine enge Zusammenarbeit mit dem Land.
Auf einer Linie beim Thema Migration
Ein Beispiel: das Thema Migration. Außengrenzen dicht machen, irreguläre Migration bekämpfen – da scheinen die schwarz-rote Koalition in Deutschland und die rechte Regierung in Italien auf einer Linie zu sein.
Italien versucht schon seit längerem, Asylverfahren für bestimmte Migranten in Albanien durchzuführen und hat dort eigens Lager errichtet – die aber bisher nicht für diese Asylverfahren genutzt werden können. Denn das Modell ist höchst umstritten, und momentan prüft der Europäische Gerichtshof, ob es mit europäischem Recht vereinbar ist.
Aber auch Friedrich Merz signalisiert, dass er sich Asylverfahren in Staaten außerhalb der EU vorstellen könne. „Wir kennen die Schwierigkeiten, auch die Gerichtsentscheidungen, die es in Italien gegeben hat, etwa in der Kooperation mit Albanien“, sagt Merz. Trotzdem seien diese Verfahren weiterhin eine Option. „Es ist ein Beitrag, um das Problem kleiner zu machen, aber es ist nicht die Lösung des Problems. Wir werden das auch in Deutschland prüfen, ob es solche Möglichkeiten gibt.“
Thema mit Konfliktpotential – kein Thema
Auch im Bereich Wirtschaft konzentrieren sich die beiden auf Gemeinsamkeiten. Die mögliche Übernahme der Commerzbank durch die italienische Unicredit ist zwar ein Thema mit Konfliktpotential – aber nach Aussage von Merz kein Thema bei den Gesprächen.
Dafür plädieren die beiden für eine enge wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Italien und für ein moderneres Europa, das wirtschaftliches Wachstum erleichtert.
Entsprechend betonte Meloni: „Wir sind uns auch mit dem Kanzler einig, dass die Europäische Union der Versuchung widerstehen muss, weiterhin alles überzuregulieren. Sie muss sich auf die großen Fragen unserer Epoche konzentrieren, wo unsere gemeinsame Arbeit einen Unterschied machen kann.“
Merz will Italien beim Thema Ukraine mehr einbinden
Bleibt noch das Thema Ukraine-Krieg. Da sind Deutschland und Italien grundsätzlich auf einer Linie – nämlich, die Ukraine zu unterstützen und einen gerechten Frieden zu erreichen.
Aber es hatte in Italien für Verstimmungen gesorgt, dass Meloni bei einem Ukraine-Besuch von Staats- und Regierungschefs aus Frankreich, Großbritannien, Polen und Deutschland nicht eingeladen war. Und so verspricht Merz jetzt, sich darum zu bemühen, dass Italien mehr eingebunden wird.
Konkret wird Merz dabei allerdings nicht: „Wir waren uns einig, dass Italien hier eine Rolle spielen muss. Ich werde in den nächsten Tagen auch Gespräche führen in der Europäischen Union, um Italien auch einzubeziehen, in alle unsere Bemühungen, diesen Konflikt zu lösen.“
Klar ist aber: Italien und Deutschland, Meloni und Merz, dieses ungleiche Paar, wollen im Gespräch bleiben.